Rechtsanwalt Glücksspielrecht

Rechtsberatung Glücksspielrecht

Der Glücksspielsektor ist vielfältig und bereits seit vielen Jahrhunderten ein Geschäftsfeld mit enormer wirtschaftlicher Bedeutung. Durch vermehrte gesetzgeberische Aktivitäten, allen voran der Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV), zeigen sich in den vergangenen Jahren zunehmend auch juristische Probleme, die eine spezialisierte Beratung erfordern. So sieht sich jedes unternehmerische Handeln in diesem Markt mit einer hohen Regulierungsdichte konfrontiert und erfordert gezielte Kommunikation mit den Aufsichtsbehörden. Insbesondere Rechtsanwalt Dr. Robert Kazemi ist seit Jahren auf diesem Rechtsgebiet tätig und berät nationale und internationale Unternehmen in sämtlichen verwaltungs- und zivilrechtlichen Fragestellungen. Unsere Erfahrung in glücksspielrechtlichen Mandaten geht dementsprechend mit Aktualität der rechtlichen Beratung einher. Zudem arbeiten wir mit anerkannten Kolleginnen und Kollegen im Ausland intensiv zusammen, insbesondere wenn es um strafrechtliche Fragestellungen geht.

Auch der normale Unternehmer kann schnell zum Glücksspielanbieter werden

Ein Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages setzt voraus, dass im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt werde und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Danach sind Wetten gegen Entgelt auf den ungewissen Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses Glücksspiele.

In diesem Zusammenhang geriet ein Einrichtungshaus in den Fokus der Aufsichtsbehörden, als es unter dem Slogan „Sie bekommen die Ware geschenkt, wenn es am .... regnet" eine Werbeaktion durchführte.

An dieser Aktion konnten sich Kunden beteiligen, die innerhalb eines festgelegten Aktionszeitraums Waren in einer Kaufpreishöhe von mindestens 100 EUR erwarben. Sollte es an einem festgelegten Stichtag ungefähr drei Wochen nach der Teilnahme zwischen 12 und 13 Uhr am Flughafen Stuttgart amtlich festgestellt mindestens 3 ml/qm regnen, so sollten die Teilnehmer den Kaufpreis in voller Höhe zurückerstattet erhalten. Die Aufsichtsbehörde ordnete die Aktion als öffentliches Glücksspiel in Form von Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt eines zukünftigen Ereignisses i. S. v. § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV ein, das mangels Erlaubnisfähigkeit gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV verboten sei. Die Teilhabe an der Gewinnchance setze die Entrichtung eines Kaufpreises in Höhe von mindestens 100 EUR voraus, so dass der Kaufpreis für diesen Einkauf ein Entgelt im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV darstelle. Der angerufene Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg sah dies nicht so, und lies die Werbeaktion gewähren. Der Grund: Die Klägerin verlangte kein Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance. Ihre Kunden entrichteten den Kaufpreis nur für die zu erwerbende Ware, nicht aber auch für die Teilnahme am Gewinnspiel. Der Kaufvertrag stehe im Vordergrund. Die Teilnahme an der Werbeaktion sei nur gegebenenfalls Folge des Einkaufs, wenn sich die Wetterprognose bestätigen sollte. Die Kunden seien an der Gewinnaktion nur beteiligt, wenn sie ihren Gewinn "aktivierten", indem sie ihn geltend machten. Auf ihre Motive für den Erwerb der Waren komme es insoweit nicht an. Schließlich werde die Gewinnchance auch nicht, wie es der Glücksspielstaatsvertrag voraussetze, im Rahmen eines Spieles, sondern im Rahmen eines Kaufvertrages erworben. Damit sei schon der Anwendungsbereich des Glücksspielstaatsvertrages nicht eröffnet. Andernfalls würde der Beklagte nicht mehr ordnungsrechtlich unter dem Gesichtspunkt der Glücksspielaufsicht, sondern unter wettbewerbs- und verbraucherschutzrechtlichen Vorgaben tätig.

Liegt ein Glücksspiel i.S.d. GlüStV vor, wenn nicht aus den von den Teilnehmern zu entrichtendem Entgelt als solches die Gewinnchance des Einzelnen erwächst, sondern es sich vielmehr um eine Teilnahmegebühr handelt, die lediglich eine Mitspielberechtigung gewährt und stets verloren ist?

Diese Frage stellte sich einem Medienunternehmen, das in der Fußball Bundesligasaison 2009/2010 auf ihrer Internetseite das Bundesligamanagerspiel „Super Manager" anbot. Das Spiel lief dabei so ab, dass Teilnehmer aus real existierenden Spielern eine fiktive Mannschaft zusammenstellen, die mit Mannschaften anderer Spieler über den zeitlichen Verlauf einer realen Saison unter Zugrundelegung fester Bewertungskriterien konkurriert. So wurden durch Experten nach detailliert festgelegten Kriterien für bestimmte Fußballspieler Wertungspunkte vergeben. Pro Mannschaft entrichteten die Teilnehmer, die mit höchstens 10 Mannschaften antreten konnten eine Teilnahmegebühr i.H.v. 7,90 €. Die monatlich fünf bestplatzierten Teilnehmer und die Teilnehmer der Plätze 4-100 am Saisonende erhielten Sachpreise. Für die Erstplatzierten nach Hin- und Rückrunde wurden insgesamt je 8.000 € vergeben. Die drei Bestplatzierten der Gesamtwertung am Saisonende erhielten insgesamt 135.000 €. Das Regierungspräsidium Karlsruhe untersagte die Veranstaltung des „Super Managers“ aus glückspielrechtlichen Erwägungen. Die hiergeben eingelegte Klage zum VG Karlsruhe blieb ohne Erfolg. Es teilte insoweit die Auffassung der Behörde, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Spiel um ein Glücksspiel i.S.d. GlüStV gehandelt habe. Erst der angerufene Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg sah dies anders und gab die Werbeaktion wieder frei.

Am 25.01.2013 titelte die BILD „Dschungelcamp-Georgina hat 70 000 bezahlte Facebook-Fans - So kaufen Promis, Firmen und Politiker falsche Freunde".

Zum damaligen Zeitpunkt war bekannt geworden, dass zahlreiche Unternehmen und Promis falsche Freunde „einkaufen" und damit falsche Beliebtheit suggerieren. Ein Marketing Gag ohne Bewandtnis? Wohl eher nicht: Die BILD schreibt: „Wer viele Fans hat, wirkt wichtig und glaubwürdig. Das ist bares Geld wert: Produkte landen bei Suchmaschinen weiter oben, Promis bekommen mehr Auftritte, Parteien Wähler!" Nach BILD Angaben kosten 10 000 deutsche „Likes" etwa 1000 Euro. Es überrascht also, wenn das Landgericht Hamburg mit Urteil vom 10.01.2013 (zugegeben vor (!) Bekanntwerden des „Skandals" um gekaufte Freunde) ausführt, mit der Betätigung des „Gefällt mir"-Buttons bei Facebook komme nach dem Verkehrsverständnis lediglich „eine unverbindliche Gefallensäußerung zum Ausdruck", mit der „keine weiteren Erwartungen oder Gütevorstellungen" verbunden werden (LG Hamburg, Urt. v. 10.01.2013, 327 O 438/11). Die Teilnahme an einem Gewinnspiel könne damit wettbewerbsneutral auch von einem „Gefällt mir" -Klick abhängig gemacht werden. Die Vorgehensweise könnte indes unter Berücksichtigung anderer Überlegungen durchaus unzulässig sein.

Mit Blick auf die Möglichkeit der Generierung von Opt-Ins zum Zwecke der Werbeansprache, ist zumeist die Durchführung eines Gewinnspieles eine gangbare Alternative.

In diesem Zusammenhang sei auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg (OLG Hamburg, Urt. v. 04.03.2009 - 5 U 62/08, NJW-RR 2009, 1705)  verwiesen, in der es um die Einwilligung eines Verbrauchers in die telefonische Werbung durch eine vorformulierte Einwilligungserklärung ging. Das OLG Hamburg stellt in diesem Zusammenhang zunächst klar, dass eine vorformulierte Einwilligung in die Telefonwerbung nicht schon schlechthin unzulässig sei, sondern dass es darauf ankomme, ob in der vorformulierten Einwilligung eine unangemessene Benachteiligung des Verwendungsgegners zu sehen ist, da der Verwender für die Einverständniserklärung wie bei vorformulierten Vertragsbedingungen einseitig seine rechtsgeschäftliche Gestaltungsfreiheit für sich in Anspruch nehme und der Kunde nur darauf, ob er die Erklärung abgeben wolle, nicht aber auf ihren Inhalt Einfluss habe.  Weiterhin stellt das OLG Hamburg fest, dass gerade bei Gewinnspielen derartige vorformulierte Einwilligungserklärungen durchaus als nicht unwirksam angesehen werden können, denn dem durchschnittlich aufgeklärten und verständigen Verbraucher sei es durchaus bewusst, dass Gewinnspiele der vorliegenden Art auch der Werbung dienen, insbesondere der Werbung für die Produkte des Gewinnspielveranstalters. Daher dürfte es möglicherweise noch keine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers darstellen, wenn sich die vorformulierte Einverständniserklärung nur auf Werbung für Produkte des Gewinnspielveranstalters bezogen hätte. Auch das OLG Köln (OLG Köln, Urt. v. 12.09.2007 - 6 U 63/07, GRUR-RR 2008, 62)  stellt klar, dass es grundsätzlich nicht als unangemessene Benachteiligung anzusehen ist, wenn die Teilnahme eines Verbrauchers an einer Verlosung von seiner Erklärung abhängig gemacht wird, mit der Weitergabe von persönlichen Daten an Drittunternehmen und mit Werbeanrufen einverstanden zu sein, soweit der Verbraucher über die vorgenannte Kopplung vor Teilnahme an der jeweiligen Verlosung in Kenntnis gesetzt wird. Auch unter datenschutzrechtlichen Aspekten spricht grundsätzlich nichts gegen den „Ankauf" von Opt-Ins zu Werbezwecken. So formulierte der Gesetzgeber im Rahmen der Datenschutznovellen 2009:

Die verantwortliche Stelle muss insoweit in Zukunft an den Betroffenen herantreten und ihn, z. B. durch die Gewährung von Vorteilen, für die Einwilligung gewinnen. Diese in einigen Wirtschaftsbereichen schon übliche Praxis, z. B. im Rahmen von Kundenbindungsprogrammen durch Gewährung von Vorteilen eine Gegenleistung des Kunden in Form einer Einwilligung zu erhalten, wird zu auf Einwilligung gegründeten kommerziellen Datenbeständen führen"

Fraglich ist jedoch, ob die Teilnahme an einem Gewinnspiel von einer solchen Einwilligung abhängig gemacht werden darf. Denn ein Gewinnspiel könnte über die Verpflichtung zur datenschutzrechtlichen Einwilligung zum erlaubnispflichtigen Glücksspiel werden. Ein solches soll dann vorliegen, wenn der Erwerb einer Gewinnmöglichkeit über einen nicht unerheblichen Einsatz erlangt wird. Die Einsatzgrenze liegt mit 50Cent nicht gerade hoch und der Wert der über ein Gewinnspiel erlangten Werbeeinwilligung dürfte wesentlich höher anzusiedeln sein. Die Wettbewerbswidrigkeit ergäbe sich dann jedoch aus den Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV) bzw. §§ 284 ff. StGB.

Die Warenhandelskette Plus betrieb im Jahr 2004 die Werbekampagne „Ihre Millionenchance", in deren Rahmen die Öffentlichkeit aufgefordert wurde, in den Läden von Plus verkaufte Waren zu erwerben, um Punkte zu sammeln. Mit der Ansammlung von 20 Punkten wurde die Möglichkeit erworben, kostenlos an den Ziehungen des Deutschen Lottoblocks teilzunehmen.

Die Wettbewerbszentrale sah diese Geschäftspraxis insoweit als unlauter im Sinne von § 3 in Verbindung mit § 4 Nr. 6 UWG an, als damit die Teilnahme der Verbraucher an einem Gewinnspiel vom Erwerb von Waren abhängig gemacht wurde, und beantragte beim Landgericht Duisburg, Plus diese Geschäftspraxis zu untersagen.

Die Entscheidungen machen die Notwendigkeit der vorherigen (!) und intensiven Prüfung von Gewinnspielen, die als Werbemittel branchenübergreifend beliebt sind, deutlich.