19
Apr 2016

BGH: „Wir helfen im Trauerfall“ – Die Preisangabenverordnung greift auch für Bestattungsunternehmen

Die sog. Preisangabenverordnung (PAngV) stellt eine für das Werberecht zentrale Vorschrift dar. Sie regelt, wie im Rahmen von Werbemaßnahmen und Ankündigungen gegenüber Verbrauchern (§ 13 BGB) Preisbestandteile einer Ware oder Dienstleistung auszuzeichnen und anzugeben sind. Die Norm bereitet vielen Unternehmen und Unternehmern immer wieder Anwendungsprobleme, weswegen sie auch oft Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen ist. So zuletzt im Rahmen eines Urteils des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 14.01.2016 (Az. I ZR 61/14).

Der Fall:

In dem vom BGH zu beurteilenden Fall hatte ein Bestattungsunternehmen in einem Werbeflyer mit „Festpreisen“ für bestimmte Bestattungsarten und seine damit im Zusammenhang stehenden Dienstleistungen geworben. Unter dem Titel "Wir helfen im Trauerfall" enthielt der Flyer eine Preistabelle, in der die Preise der bei den verschiedenen Bestattungsformen anfallenden Dienstleistungen und der Särge sowie Urnen einzeln angegeben wurden. In der untersten Zeile der Tabelle war jeweils die sich aus den Einzelpositionen ergebende Summe für einzelne Bestattungsarten aufgeführt. Unter der Tabelle befand sich folgender Hinweis: "Wir machen Sie darauf aufmerksam, dass zu diesen aufgeführten Leistungen, weitere Kosten z. B. Überführung, Grabarbeiten entstehen."

Die Entscheidung:

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV hat derjenige, der Letztverbrauchern gewerbsmäßig Leistungen anbietet oder als Anbieter von Leistungen gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind. Nach § 1 Abs. 6 Satz 1 PAngV müssen die Angaben der allgemeinen Verkehrsauffassung und den Grundsätzen von Preisklarheit und Preiswahrheit entsprechen. […] Die Preisangaben des Beklagten genügen nicht den in § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 PAngV geregelten Pflichten zur Angabe des zu zahlenden Preises einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile. Der in § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV genannte Begriff der "Preise" ist im Hinblick auf die nach Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG geforderten Preisinformationen richtlinienkonform auszulegen. Nach Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG ist der Preis einschließlich aller Steuern und Abgaben oder in den Fällen, in denen der Preis aufgrund der Beschaffenheit des Produkts vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung sowie gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Zustellkosten oder in den Fällen, in denen diese Kosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, die Tatsache anzugeben, dass solche zusätzlichen Kosten anfallen können. […] da Überführungskosten nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien in Form von Entfernungspauschalen oder anhand eines Kilometerpreises berechnet würden, sei es für den Beklagten möglich und zumutbar, die von ihm zugrunde gelegten Entfernungsstaffeln oder den berechneten Kilometerpreis anzugeben.

Bewertung:

Die Entscheidung zeigt deutlich, dass es auch dort, wo ein Endpreis von Variablen abhängt, nicht genügt, auch etwaige Zusatzkosten pauschal hinzuweisen und den Verbraucher im Übrigen im Unklaren über die Berechnung derartiger Variablen zu lassen. Vielmehr ist in diesen Fällen die Art der Preisberechnung mitzuteilen. Dies folgt aus einer richtlinienkonformen Auslegung von § 1 Abs. 6 PAngV anhand von Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG. Danach müssen Preisangaben der allgemeinen Verkehrsauffassung und den Grundsätzen von Preisklarheit und Preiswahrheit entsprechen. Nach der Rechtsprechung des BGH zur Auslegung der Preisangabenverordnung müssen in Fällen, in denen mit dem Erwerb des angebotenen oder beworbenen Produkts zugleich eine Entscheidung oder eine nicht ohne Weiteres abzuändernde Vorentscheidung im Hinblick auf ein anderes Produkt des Anbieters oder Werbenden verbunden ist, vom Anbietenden oder Werbenden die für dieses andere Produkt entstehenden Kosten deutlich kenntlich gemacht werden (vgl. BGH, GRUR 2010, 744 Rn. 30 - Sondernewsletter). Ein solches einheitliches Leistungsangebot liegt in aller Regel dann vor, wenn die Inanspruchnahme der beworbenen Leistung zwangsläufig die Inanspruchnahme einer anderen Leistung voraussetzt. Diese Anforderungen gelten nicht nur für Bestatter, sondern für jedes werbende Unternehmen.

Dr. Robert Kazemi

Zurück