Abrechung intensivmedizinischer Komplexbehandlung bei notfallbedingter Abwensenheit des Intensivmediziners
Kann ein Krankenhaus eine intensivmedizinische Komplexbehandlung, bei der eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation gewährleistet sein muss, abrechnen, wenn der anwesende (Bereitschafts-) Arzt gleichzeitig andere Aufgaben wahrnimmt? Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz sagt: Nein!
Zum Sachverhalt:
Ein Patient, der bei der Beklagten versichert ist, wurde über einen Zeitraum von mehr als vier Monaten in dem von der Klägerin betriebenen Krankenhaus stationär behandelt. Die Behandlung erfolgte dabei auf der Intensivstation, auf der montags bis freitags in der Zeit von 08:00 Uhr bis 16:30 Uhr ein Arzt ständig anwesend ist. In der übrigen Zeit besteht lediglich ein Bereitschaftsdienst der Stufe D. Die Klägerin stellte der Beklagten die Kosten der gesamten medizinischen Behandlung in Rechnung. Dabei legte sie den Operationen- und Prozedurenschlüssel Version 2008 (OPS 2008) 8-980.08 - Intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur) zu Grunde und rechnete für die Zeit vom 05.01. bis 31.03.2008 nach der DRG (Diagnosis Related Groups) Version 2007 A07C ab (Beatmung >999 und < 1.800 Stunden mit komplexer OR-Prozedur, ohne Polytrauma, ohne komplizierende Prozeduren, Alter > 15 Jahre oder ohne komplexe OR-Prozedur oder Polytrauma, Alter > 15 Jahre, mit intensivmedizinischer Komplexbehandlung > 2.288 Punkte) (vgl. LSG RLP a.a.O.).
Die Beklagte wies die Rechnung zurück und führte im Kern aus, dass der Bereitschaftsdienst der Stufe D nicht ausschließlich für die Intensivstation zuständig gewesen sei, sondern vielmehr für die gesamte Patientenversorgung im gesamten Haus.
Die Entscheidung:
Das Landessozialgericht hat, wie die Vorinstanz auch, die Klage / Berufung als unbegründet angesehen. Dabei führte das Gericht aus, dass der Code 8-980 OPS 2008 nach seinem Wortlaut sowie dem Hinweistext voraussetzt, dass eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation gewährleistet sein muss. Damit sei nicht vereinbar, dass der (Bereitschafts-) Arzt neben dem Dienst auf der Intensivstation gleichzeitig an anderer Stelle des Krankenhauses Aufgaben erfüllt.
Anmerkung:
Das Gericht hat hier zu Recht darauf hingewiesen, dass es weder mit dem Wortlaut noch nach Sinn und Zweck des Code 8-980 OPS 2008 vereinbar ist, dass ein Arzt, der die intensivmedizinische Versorgung gewährleisten soll, gleichzeitig an anderer Stelle eingesetzt wird; eine entsprechende Abrechnung ist fehlerbehaftet. Das Urteil gibt Krankenkassen - und auch Patienten - mehr Rechtssicherheit. Es sollte also gerade in einem solchen Fall intensivmedizinischer Betreuung u.U. genau hingesehen und geprüft werden, wie diese Sichergestellt wurde.
Dr. Robert Kazemi