30
Okt 2013

AdWords und das Markenrecht - BGH entscheidet erneut

Das Google AdWords-Programm hat in den vergangenen Jahren zu einer kontroversen juristischen Diskussion Anlass gegeben, die sich vornehmlich auf Fragen des Markenrechts sowie des unlauteren Wettbewerbs konzentriert. Zu der markenrechtlichen Einordnung dieser besonderen Form der Online-Werbung hatte im Oktober 2010 ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in den verbundenen Rechtssachen C-236/08 bis C-238/08 (EuGH, Urteil vom 23.03.2010, Rs. C-236/08 bis C-238/08 - Google ./. Louis Vuitton u.a.) beigetragen. Wir haben hierzu ausführlich berichtet.

Nunmehr gilt es, die europäischen Vorgaben in die deutsche Rechtsprechungspraxis zu übernehmen. Einen weiteren Beitrag hierzu leistet ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofes vom 20.02.2013 - I ZR 172/11.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs steht fest, dass die Verwendung eines mit der Marke identischen Zeichens als AdWord für die Bewerbung identischer Dienstleistungen eine Benutzung der Marke im geschäftlichen Verkehr darstellt. Auch in diesen Fällen gibt das Markenrecht jedoch nur dann dem Markeninhaber einen Unterlassungsanspruch, wenn die Benutzung geeignet ist, die geschützten Funktionen der Marke zu beeinträchtigen. Der Europäische Gerichtshof hat seinen hierzu ergangenen Entscheidungen entschieden, dass für die Beurteilung einer Werbung mit "AdWords" zu prüfen ist, ob die Werbefunktion oder die Hauptfunktion der Marke, nämlich die Herkunftsfunktion, beeinträchtigt werden. Eine Verletzung der Werbefunktion soll bei der Verwendung einer Marke als AdWord danach nicht vorliegen, weil die AdWord-Werbung als Werbung zu erkennen ist und das natürliche Suchergebnis nicht beeinflusst und deshalb die Sichtbarkeit der Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers nicht beeinträchtigt wird. Ein Verbietungsrecht besteht danach nur dann, wenn durch die beanstandete Verwendung die Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtigt wird. Die herkunftshinweisende Funktion der Marke ist beeinträchtigt, wenn aus der Anzeige für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen von dem Inhaber der Marke oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder vielmehr von einem Dritten stammen. Hierzu hat der Gerichtshof auch klargestellt, dass auf eine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion zu schließen ist, wenn die Anzeige des Dritten suggeriert, dass zwischen diesem Dritten und dem Markeninhaber eine wirtschaftliche Verbindung besteht. Auch wenn die Anzeige das Bestehen einer wirtschaftlichen Verbindung zwar nicht suggeriert, aber hinsichtlich der Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen so vage gehalten ist, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Internetnutzer auf Grund des Werbelinks und der ihn begleitenden Werbebotschaft nicht erkennen kann, ob der Werbende im Verhältnis zum Markeninhaber Dritter oder vielmehr mit diesem wirtschaftlich verbunden ist, ist auf eine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion zu schließen.

Den Schutz bekannter Marken hat der EuGH in der Zwischenzeit sogar noch weiter gezogen, der BGH hat dies nun in die deutsche Rechtssprechungspraxis umgesetzt:

Danach kann eine identische Verwendung einer bekannten Marke für Waren oder Dienstleistungen, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen ist, auch dann eine Markenverletzung darstellen, wenn die Verwendung als AdWord die Wertschätzung der Gemeinschaftsmarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt. Dies kann insbesondere für Fälle anzunehmen sein, in denen Werbende im Internet mittels Benutzung von AdWords Nachahmungen von Waren des Inhabers der bekannten Marken anbieten oder die mit der bekannten Marke versehenen Waren in einem negativen Licht darstellen. Wenn dagegen im Internet anhand eines Schlüsselwortes, das einer bekannten Marke entspricht, eine Werbung gezeigt wird, mit der, ohne eine bloße Nachahmung von Waren oder Dienstleistungen des Inhabers dieser Marke anzubieten, ohne eine Verwässerung oder Verunglimpfung herbeizuführen und ohne im Übrigen die Funktionen dieser Marke zu beeinträchtigen, eine Alternative zu den Waren oder Dienstleistungen des Inhabers der bekannten Marke vorgeschlagen wird, ist davon auszugehen, dass eine solche Benutzung grundsätzlich unter einen gesunden und lauteren Wettbewerb im Bereich der fraglichen Waren oder Dienstleistungen fällt und damit nicht „ohne rechtfertigenden Grund" erfolgt.

Dr. Robert Kazemi

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