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Mai 2010

BGH: Briefkästen der Konkurrenz in unmittelbarer Nähe von Postfilialen der Deutschen Post AG zulässig – roter Briefkasten

Wie einer aktuellen Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 12. Mai 2010 zu entnehmen ist, hat der BGH mit Urteil vom selben Tage (I ZR 214/07 - roter Briefkasten) entschieden, dass es Konkurrenten der Deutschen Post AG grundsätzlich gestattet sein muss, ihre Briefkästen auch in der Nähe von Postfilialen aufzustellen, um Kunden, die die Leistung sowohl der Deutschen Post AG als auch ihrer Konkurrenten in Anspruch nehmen, die Briefaufgabe zu erleichtern.

Der Fall:

Die Klägerin ist die Deutsche Post AG. Die Beklagte, die ebenfalls einen Briefzustelldienst betreibt, stellte in Nürnberg 52 rotlackierte Briefkästen auf. Diese trugen in weißer Farbe die Aufschrift „Brief 24", die Telefonnummer einer Servicehotline und den Hinweis „Leerung Montag bis Freitag ab 18:30 Uhr". 26 dieser Briefkästen, die gleich hoch sind wie die Briefkästen der Deutschen Post AG, befinden sich in unmittelbarer Nähe der Filialen oder Briefkästen der Deutschen Post AG. Mit ihrer Klage wandte sich die Deutsche Post gegen eine solche Aufstellung der roten Briefkästen. Nach Ansicht der Post würden die Kunden durch die in unmittelbarer Nähe befindlichen Briefkästen verunsichert und legten die Briefe mit den Briefmarken der Deutschen Post AG teilweise in die Briefkästen der Beklagten, was zu einer deutlich längeren Brieflaufzeit führe.

Neben der damit für die Verbraucher einhergehenden Irreführungsgefahr, sei durch die unmittelbare Nähe der roten Briefkästen zu den Briefkästen der Deutschen Post AG auch eine gezielte Mitbewerberbehinderung anzunehmen, die es rechtfertige, der Beklagten aufzuerlegen, die Briefkästen nicht in unmittelbarer Nähe zu Filialen oder Briefkästen der Deutschen Post AG aufzustellen.

Während das OLG Nürnberg der Deutschen Post AG noch Recht gegeben und die Beklagte zur Unterlassung verurteilt hatte (Urteil vom 30. Oktober 2007, 3 U 965/07), hob der BGH das Unterlassungsurteil nunmehr auf.

Die Entscheidung:

In der Pressemitteilung des BGH heißt es:

„Der BGH hat die Entscheidung des Berufungsgerichtes aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen. Die roten Briefkästen der Beklagten unterscheiden sich in ihrer Gestaltung klar von den gelben Briefkästen der Klägerin. Eine Herkunftstäuschung kann nicht mit einer Ähnlichkeit in Merkmalen begründet werden, die selbstverständlich oder jedenfalls naheliegend sind, wie etwa Höhe und Grundfläche der Briefkästen. Zudem hält die Beklagte mit der roten Farbe, dem auffällig anders gestalteten runden Kastendeckels und der Beschriftung einen deutlichen Abstand zu den Briefkästen der Klägerin ein. Dennoch hat es der BGH nicht für ausgeschlossen gehalten, dass ein Teil des Verkehres das Angebot der Beklagten im Hinblick auf die räumliche Nähe der roten Briefkästen zu den Filialen der Klägerin mittelbar der Klägerin zuordnet und bspw. annimmt, bei der Beklagten handele es sich um eine Tochtergesellschaft der Klägerin, die eine besondere Postdienstleistung anbiete. Diese Fehlvorstellung begründet aber keinen Unterlassungsanspruch, weil sie letztlich darauf beruht, dass die Bevölkerung noch nicht daran gewöhnt ist, dass die Dienstleistungen der Briefbeförderung nicht nur von der Klägerin, sondern auch von Wettbewerbern angeboten wird. Die Fehlvorstellungen stellen damit eine zwangsläufige Folge des bis 1998 bestehenden und danach nur langsam gelockerten Monopoles für die Postbeförderung dar. Nach Aufhebung oder Lockerung eines Monopoles kommt dem Interesse neu hinzutretender Wettbewerber des bisherigen Monopolisten, ihre Leistungen angemessen anbieten zu können, bei der gebotenen Interessenabwägung maßgebliches Gewicht zu. Dabei besteht gerade auch ein legitimes Interesse der Wettbewerber daran, ihre Briefkästen in der Nähe von Postfilialen aufzustellen, um Kunden, die Leistungen sowohl der Klägerin als auch der Beklagten in Anspruch nehmen, die Briefaufgabe zu erleichtern."

Bewertung:

Auch für die Deutsche Post AG gibt es keinen Schutzraum. Auch sie steht, spätestens mit Wegfall des Postbeförderungsmonopoles seit 1998 im Wettbewerb zu privaten Dienstleistungen. Diese sind nicht daran gehindert, ihr Leistungsangebot in unmittelbarer Nähe zu Filialen der Deutschen Post AG zu platzieren, letztendlich entscheidet - hierin ist dem BGH uneingeschränkt zuzustimmen - der Wettbewerb darüber, welche Dienstleistung sich am Markt durchsetzen wird. Es kann jedenfalls nicht als Mitbewerberbehinderung angesehen werden, wenn sich ein Konkurrenzunternehmen dazu entschließt, neben seinem Konkurrenten eine Filiale oder Niederlassung zu eröffnen; dies ist allgemein übliche Praxis und muss dementsprechend auch von der Deutschen Post AG geduldet werden.

Dr. Robert Kazemi

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