29
Mär 2016

BGH: Der Widerruf von Fernabsatzverträgen kann nicht rechtsmissbräuchlich sein, da die Beweggründe für den Widerruf keine Rolle spielen

Zugegeben, gerade für den Versandhandel erweist sich das gesetzliche Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen zuweilen als echte finanzielle Belastung. Dem hat der Gesetzgeber durch eine Neufassung der Widerrufsbestimmungen und eine (teilweise) Belastung des Verbrauchers mit den Rücksendekosten bereits Rechnung getragen. Darüber hinausgehende Einschränkungen erfährt das Widerrufsrecht indes nicht. Insbesondere scheidet eine Rechtsmissbräuchlichkeit seiner Ausübung in aller Regel aus, so der BGH in einer aktuellen Entscheidung vom 16.03.2016 (BGH, Urt. v. 16.03.2016, Az. VII ZR 146/15).

Die Urteilsgründe liegen aktuell noch nicht vor, gleichwohl sei aus der Pressemitteilung des Gerichts wie folgt zitiert:

„Der Kläger hatte bei der Beklagten über das Internet zwei Matratzen bestellt, die im Januar 2014 ausgeliefert und vom Kläger zunächst auch bezahlt worden waren. Unter Hinweis auf ein günstigeres Angebot eines anderen Anbieters und eine "Tiefpreisgarantie" des Verkäufers bat der Kläger um Erstattung des Differenzbetrags von 32,98 €, damit er von dem ihm als Verbraucher zustehenden Widerrufsrecht absehe. Zu einer entsprechenden Einigung kam es nicht. Der Kläger widerrief den Kaufvertrag daraufhin fristgerecht und sandte die Matratzen zurück.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Kläger sich rechtsmissbräuchlich verhalten habe und der Widerruf deshalb unwirksam sei. Denn das Widerrufsrecht beim Fernabsatzgeschäft bestehe, damit der Verbraucher die Ware prüfen könne. Aus diesem Grund habe der Kläger aber nicht widerrufen, sondern vielmehr um (unberechtigt) Forderungen aus der "Tiefpreisgarantie" durchzusetzen.

Die auf Rückzahlung des Kaufpreises gerichtete Klage hatte in allen Instanzen Erfolg. Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass dem Kläger ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises zusteht, da er den Kaufvertrag wirksam widerrufen hat. Dem steht nicht entgegen, dass es dem Kläger darum ging, einen günstigeren Preis für die Matratzen zu erzielen. Für die Wirksamkeit des Widerrufs eines im Internet geschlossenen Kaufvertrags genügt allein, dass der Widerruf fristgerecht erklärt wird. Die Vorschriften über den Widerruf sollen dem Verbraucher ein effektives und einfach zu handhabendes Recht zur Lösung vom Vertrag geben. Einer Begründung des Widerrufs bedarf es nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung nicht. Deshalb ist es grundsätzlich ohne Belang, aus welchen Gründen der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht.

Ein Ausschluss dieses von keinen weiteren Voraussetzungen abhängenden Widerrufsrechts wegen eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Verbrauchers kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, in denen der Unternehmer besonders schutzbedürftig ist. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Verbraucher arglistig handelt, etwa indem er eine Schädigung des Verkäufers beabsichtigt oder schikanös handelt.“

Das Urteil des BGH überzeugt und hält sich in den Vorgaben des EU-Rechts, dieses sieht eine Begründungspflicht für den Widerruf schlicht nicht vor.

Juliane Kazemi

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