BGH: Intransparente Werbung mit erheblichem Preisnachlass – Preisnachlass nur für Vorratsware
Ein beliebtes Mittel der Verkaufsförderung ist die Preisnachlässen, Zugaben oder Geschenken. 20% auf Alles! Außer Tiernahrung. Heute alles ohne Mehrwertsteuer, wer kennt diese Werbebekundungen nicht. Derartige Werbung, dies zeigt die Häufigkeit in der sie vorkommt, lockt Kunden in Strömen in die Geschäfte der Werbenden mit dem Wunsch ein Schnäppchen zu machen. Eine derartige Werbemaßnahme des Media Marktes hatte der Bundesgerichtshof (BGH) mit Blick auf die Vorgaben des § 4 Nr. 4 UWG nunmehr zu beurteilen (BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009, I ZR 195/07); hiernach sind bei Verkaufsfördermaßnahmen die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme klar und eindeutig anzugeben.
Der Fall:
Die Beklagte warb mit einem Prospekt für einen lediglich am 3. Januar 2007 gewährten Preisnachlass mit folgendem Text:
Nur heute 3. Januar Foto- und Videokameras ohne 19% Mehrwertsteuer!*
In dem Sternchenhinweis des Prospekts war angegeben "Sparen sie volle 19% vom Verkaufspreis". Den unteren Rand der Anzeige bildete die Werbeaussage "Über 215x in Deutschland. Alle Preise sind Abholpreise".
Am 3. Januar 2007 suchten zwei Mitarbeiter der Klägerin das Geschäft der Beklagten auf und erhielten beim Kauf einer vorrätigen Kamera auf den Verkaufspreis einen Nachlass von 19%. Auf ihre Nachfrage, ob auch nicht vorrätige Ware bestellt werden könne, wurde ihnen mitgeteilt, dass dies möglich sei. Auf den Preis werde aber nicht der Rabatt gewährt, der nur am 3. Januar auf die im Geschäft vorrätige Ware zu erhalten sei.
Die Klägerin hat in der Werbung der Beklagten einen Verstoß gegen das in § 4 Nr. 4 UWG geregelte Transparenzgebot gesehen. Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klägerin Recht gegeben, diese Wertungen überzeugen auch den BGH.
Die Entscheidung:
Der BGH geht davon aus, dass die Beklagte gemäß § 4 Nr. 4 UWG darauf hinweisen habe müssen, dass der Preisnachlass von 19% nur für im Geschäft vorrätige Digitalkameras und Camcorder gewährt werde, weil es sich bei diesem Umstand um eine Bedingung für die Inanspruchnahme der Preisvergünstigung handelte.
Unter den "Bedingungen der Inanspruchnahme" sind die Voraussetzungen zu verstehen, die erfüllt sein müssen, damit der Kunde die Vergünstigung erlangen kann. Anzugeben sind sowohl Bedingungen hinsichtlich des zugelassenen Personenkreises (persönlicher Anwendungsbereich) als auch Modalitäten der Inanspruchnahme (sachlicher Anwendungsbereich). Dementsprechend hat der Werbende auch darüber zu informieren, wenn der Preisnachlass nur für bestimmte Waren oder Produktgruppen gilt, da dies eine für die Entscheidung des Verbrauchers wesentliche Information sein kann, so der BGH.
Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass es sich um eine kurzfristige Rabattaktion gehandelt hat. Auch diese beziehen sich nach Ansicht der angesprochenen Verbraucher nicht allein und immer nur auf im Geschäft vorrätige Waren. Denn es ist für den Verbraucher von erheblicher Bedeutung zu erfahren, ob bestimmte Waren von dem in Aussicht gestellten Preisnachlass ausgeschlossen sind, weil er sich dann gar nicht erst zum Ladenlokal des Werbenden begibt. Der Kunde muss daher über Beschränkungen einer angekündigten Preisvergünstigung unmissverständlich informiert werden.
Kann der Verbraucher aufgrund einer Anzeigenwerbung noch nicht ohne weiteres - etwa mittels einer angegebenen Rufnummer - die beworbene Preisvergünstigung in Anspruch nehmen, benötigt er allerdings noch keine umfassenden Informationen zu den Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Verkaufsförderungsmaßnahme. Unter Berücksichtigung der räumlichen und zeitlichen Beschränkungen des verwendeten Werbemediums reicht es dann aus, dem Verbraucher diejenigen Informationen zu geben, für die bei ihm nach den Besonderheiten des Einzelfalls schon zum Zeitpunkt der Werbung ein aktuelles Aufklärungsbedürfnis besteht (vgl. BGH GRUR 2008, 724 Tz. 11 - Urlaubsgewinnspiel).
Gemessen an diesen Grundsätzen sind die in der Werbung der Beklagten wiedergegebenen Informationen zu den Bedingungen für die Inanspruchnahme des beworbenen Preisnachlasses entgegen § 4 Nr. 4 UWG nicht hinreichend klar und eindeutig.
Zweck der Vorschrift des § 4 Nr. 4 UWG ist es, der nicht unerheblichen Missbrauchsgefahr zu begegnen, die aus der hohen Attraktivität von Verkaufsförderungsmaßnahmen für den Kunden folgt, wenn durch eine solche Werbung die Kaufentscheidung beeinflusst wird, jedoch hohe Hürden für die Inanspruchnahme des ausgelobten Vorteils aufgestellt werden (vgl. BT-Drucks. 15/1487, S. 17). Deshalb sollen Verkaufsförderungsmaßnahmen nur zulässig sein, wenn die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme klar und eindeutig an-gegeben sind (BGH GRUR 2009, 1064 Tz. 27 - Geld-zurück-Garantie II).
Damit der Verbraucher seine Kaufentscheidung in Kenntnis der relevanten Umstände treffen kann, muss er Gelegenheit haben, sich über zeitliche Befristungen der Aktion (vgl. BGH, Urt. v. 11.9.2008 - I ZR 120/06, GRUR 2008, 1114 Tz. 13 = WRP 2008, 1508 - Räumungsfinale), über eventuelle Beschränkungen des Teilnehmerkreises, über Mindest- oder Maximalabnahmemengen (vgl. BGH GRUR 2009, 1064 Tz. 28 - Geld-zurück-Garantie II) sowie über mögliche weitere Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Verkaufsförderungsmaßnahme - wie etwa die vom Preisnachlass ausgeschlossenen Waren und Warengruppen - zu informieren. Die Angaben dürfen den Verbraucher nicht im Unklaren darüber lassen, welche Bedingungen im Einzelfall gelten.
Da die beanstandete Werbung keinen Hinweis auf eine Beschränkung des Preisnachlasses auf im Geschäftslokal der Beklagten vorrätige Foto- und Videokameras enthielt, konnten Verbraucher erst im Ladenlokal der Beklagten von dieser Beschränkung erfahren, und zwar erst in dem Moment, in dem sie einen nicht vorrätigen Artikel aus der von der Werbung umfassten Warengruppe bestellen wollten. Unter diesen Umständen aber ist die Beschränkung der Preisvergünstigung auf Vorratsware aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers nicht klar und eindeutig.
Dr. Robert Kazemi