04
Dez 2009

BGH: Keine GEMA-Gebühren bei Nutzung von Musik zu Werbezwecken

Mit Urteil vom 10. Juni 2009 (I ZR 226/06) hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass für die Nutzung von Musik zu Werbezwecken grundsätzlich keine Gebühren an die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) abzuführen sind.

In dem vom BGH zu entscheidenden Fall hatte die GEMA, gestützt auf mit Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern geschlossenen Berechtigungsverträgen von einer Werbeagentur Auskunft über den Umfang der Nutzung von Musikstücken zu Werbezwecken und Schadenersatz verlangt. Die Werbeagentur stellt für ihre Kunden Fernsehwerbespots her. Die dafür benötigte Musik lässt sie eigens komponieren. Sie wirbt für sich selbst, indem sie einige dieser Werbespots - einschließlich der Musik - auf ihrer Internetseite präsentiert.

Die in Anspruch genommene Werbeagentur erhob daraufhin Feststellungsklage mit dem Ziel, feststellen zu lassen, dass Sie der GEMA gegenüber nicht zur Auskunftserteilung verpflichtet sei, weil der GEMA mit den Berechtigungsverträgen das Recht zur Nutzung von Musikwerken zu Werbezwecken nicht zur Wahrnehmung eingeräumt sei.

Nachdem die Ausgangsinstanzen das Ansinnen der Werbeagentur noch abschlägig beschieden hatten, hat der BGH der Agentur nunmehr Recht gegeben.

Bei der Verwendung eines Musikwerkes zu Werbezwecken handelt es sich - nach Ansicht des BGH - um eine eigene Nutzungsart im Sinne von § 31 Abs. 5 UrhG, deren Verwertung der GEMA durch die Urheber weder ausdrücklich noch konkludent eingeräumt worden sei. Dies ergibt sich - so der I. Zivilsenat - unmittelbar aus § 31 Abs. 5 Satz 1 UrhG der  grundsätzlich voraussetzte, dass die Nutzungsarten ausdrücklich einzeln bezeichnet sind. Nach dem den Berechtigungsverträgen der GEMA zugrunde gelegten Vertragszweck könne gleichfalls nicht angenommen werden, dass die Berechtigten der GEMA das Recht zur Nutzung von Musikwerken zu Werbezwecken konkludent eingeräumt haben. Denn einem Wahrnehmungsvertrag liegt maßgeblich der Zweck zugrunde, der Verwertungsgesellschaft die Rechte zur kollektiven Wahrnehmung einzuräumen, deren individuelle Wahrnehmung dem einzelnen Urheberberechtigten nicht möglich ist, während dem Urheberberechtigten die Rechte verbleiben sollen, die er selbst verwerten kann.

Da der Urheberberechtigte jedoch durchaus dazu in der Lage ist und auch ein erhebliches Interesse daran hat, das Recht zur Nutzung seines Werkes zu Werbezwecken selbst wahrzunehmen, läge es im Interesse des Berechtigten auch das Entgelt für die Werknutzung zu Werbezwecken selbst aushandeln zu können und nicht an die Tarifbestimmungen oder Verteilungsschlüssel der GEMA gebunden zu sein.

Bewertung:

Bei der Nutzung eines Musikwerks zu Werbezwecken verhält es sich demnach grundsätzlich anders als bei dessen Nutzung als Ruftonmelodie oder Freizeichenuntermalungsmelodie (§ 1 lit. h Abs. 4 der Berechtigungsverträge) oder zur Herstellung von Filmwerken oder Fernsehproduktionen (§ 1 lit. i Abs. 1 und 3 der Berechtigungsverträge). Da diese Nutzungsarten in den Berechtigungsverträgen bei der Einräumung von Nutzungsrechten ausdrücklich einzeln bezeichnet sind, sind der GEMA die entsprechenden Nutzungsrechte zur Wahrnehmung eingeräumt, soweit die Berechtigungsverträge keine Einschränkungen oder Vorbehalte zugunsten des Urhebers vorsehen (vgl. zum Filmherstellungsrecht BGH, Urt. v. 19.01.2006, I ZR 5/03 - Alpensinfonie; zum Klingeltonrecht, BGH, Urt. vom 18.12.2008, I ZR 23/06 - Klingeltöne für Mobiltelefone).

Wer sich aus dem Urteil des BGH nunmehr die „kostenlose" Nutzung von Musikstücken zu Werbezwecken erhofft, liegt falsch. Auch wenn das Gericht einen Anspruch der GEMA ausdrücklich verneint hat, hat es ebenso deutlich die Rechte des Urhebers in den Vordergrund gerückt. Wer Musikstücke zu Werbezwecken verwenden will, braucht daher eine Einwilligung des jeweiligen Urhebers, mit diesem sollte, um Schadensersatzprozesse zu vermeiden, zugleich auch über die Kosten der Nutzung verhandelt werden.

Dr. Robert Kazemi

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