BGH: Keine Irreführung durch Einstellen in falsche Suchrubrik
Wer kennt Sie nicht, die z.T. verlockenden und günstigen Angebote in Immobilien- und Autobörsen, die innerhalb bestimmt festgelegter Suchkriterien ein besonders gutes Angebot versprechen, es dann, auf den zweiten, genaueren Blick dann jedoch leider nicht erfüllen. Die besondere Immobilie im Herzen Bonns oder Münchens zu einem umschlagbaren Preis, stellt sich dann schnell als „Vorort-Immobilie" in einer Entfernung von 50km dar. Oder - wie im Fall der nunmehr durch den Bundesgerichtshof (BGH) zu entscheiden war - das besondere Autoschnäppchen, ein 320d BMW-Touring mit bis zu 5.000km Laufleistung zu einem Preis von lediglich 17.800 €, bei dem sich erst nach dem Aufrufen der Angebotsseite herausstellt, dass sich die bis zu 5.000km auf die Laufleistung eines Austauschmotors eines bereits 112.970 km gefahrenen Fahrzeuges darstellen.
Was liegt da näher, als die Werbung in der Automobilbörse in der Kategorie „bis 5000km-Lufleistung", als irreführend und damit unlauter zu qualifizieren? Der BGH (Urteil vom 06.10.2011, I ZR 42/10) beurteilt die Werbung jedoch zu Recht anders und sieht eine unlautere Irreführung im Ergebnis nicht als gegeben an.
Die Entscheidung:
Nach Ansicht des BGH scheitert die Irreführung vorliegend daran, dass aus dem eigentlichen Angebot deutlich zu erkennen war, dass es sich vorliegend tatsächlich nicht um ein Fahrzeug mit einer Laufleistung von bis zu 5.000km handelte. Vielmehr waren der Gesamtkilometerstand von 112.970km und der Kilometerstand des Austauschmotors zutreffend angegeben und konnten von einem angemessen informierten, verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbraucher auch ohne weiteres aus dem Text auf der Internethandelsplattform entnommen werden.
Ein situationsadäquat aufmerksamer Durchschnittsverbraucher wird auch den Widerspruch zwischen der Einordnung in die Suchrubrik "bis 5.000 km" und dem angebotenen Fahrzeug mit einer Gesamtlaufleistung von 112.970 km sofort erkennen. Er wird die Einstellung in die Suchrubrik "bis 5.000 km" daher als versehentlich falsch oder als nur in Bezug auf den Austauschmotor zutreffend betrachten.
Zwar liegt in dem Angebot des Fahrzeugs in der unrichtigen Rubrik eine unwahre Angabe über dessen Laufleistung. Eine Irreführung scheidet jedoch jedenfalls dann aus, wenn der mit der Werbung Angesprochene sofort anhand der Textüberschrift erkennt, dass die Werbung in eine nicht dazu passende Rubrik eingestellt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 1991 I ZR 134/90, GRUR 1991, 772, 773 Anzeigenrubrik I).
Bewertung:
Die Entscheidung des BGH überrascht nur auf den ersten Blick; sie ist auch nicht als Freifahrtschein für unseriöse Angebotspraktiken zu werten.
Zum einen werden die Betreiber entsprechender Suchbörsen bereits von sich aus ein Interesse daran haben, derartig unseriöses Verhalten und die damit verbundene Verfälschung von Suchergebnissen zu verhindern. Zum anderen spiegelt das vorliegende Urteil eine seit geraumer Zeit zu erkennende Rechtsprechungstendenz im Rahmen der Irreführungsrechtsprechung wieder. So haben verschiedene Gerichte in der jüngeren Vergangenheit hervorgehoben, dass schlagwortartige, unwahre Werbeaussagen nicht per se eine irreführende Angabe im Sinne des § 5 UWG darstellen müssen. Zwar reicht es regelmäßig für die Gefahr einer Irreführung aus, wenn sich der Verkehr als Folge der unrichtigen Angabe überhaupt erst und näher mit dem Angebot des Werbenden befasst. Aufklärende Hinweise in einem nachfolgenden Werbetext können die durch gesonderte Werbeaussagen eingetretene Irreführung im Hinblick auf die missbilligte Anlockwirkung in der Regel dann nicht mehr beseitigen (vgl. Piper/Ohly, UWG, 4. Auflage, § 5 Rdn. 115, 212). Diese für die herkömmlichen Werbeformen aufgestellten Grundsätze können allerdings für den hier vorliegenden Fall der Internet-Werbung nicht übernommen werden. Denn die verknappte schlagwortartige Werbung steht in einem kaum trennbaren Zusammenhang mit der klarstellenden Werbeaussage auf der eigentlichen Angebotsseite, auf die der Interessent stets gelangt, wenn er sich näher auf das Angebot einlassen will. Erfährt er dort sofort und in nicht zu übersehender Weise die Einschränkung und wird in der erforderlichen Weise aufgeklärt, bevor er eine Entscheidung treffen kann, liegt eine Irreführung nicht vor. Der Fall kann nicht anders behandelt werden als der Fall einer Blickfangwerbung (vgl. BGH GRUR 1999, 1122, 1124 -EG-Neuwagen I und BGH GRUR 1999, 1125,1126 -EG-Neuwagen II; so auch OLG Hamm, Urt. v. 04.06.2009, 4 U 19/09 - Google AdWords).
Dr. Robert Kazemi