BGH: Keine Urheberrechtsverletzung durch die Google-Bildersuche
Mit Urteil vom 29. April 2010 (AZ: I ZR 69/09 - „Vorschaubilder") hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine in der urheberrechtlichen Literatur heftig diskutierte Frage zu Gunsten des Suchmaschinenbetreibers Google entschieden. In dem durch den BGH entschiedenen Fall ging es konkret um die von Google betriebene Bildersuche, mit der man durch Eingabe von Suchbegriffen nach Abbildungen suchen kann, die Dritte im Zusammenhang mit dem eingegebenen Suchwort ins Internet gestellt haben. Die von der Suchmaschine aufgefundenen Bilder werden in der Trefferliste als verkleinerte und ihrer Pixelanzahl gegenüber den auf den Originalseiten vorhandenen Abbildungen reduzierte Vorschaubilder angezeigt (sogenannte Thumbnails).
Die Stellung solcher Miniaturen stellt sich eine Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG dar. Eine solche Vervielfältigung ist nur mit Einwilligung des Urhebers bzw. Rechteinhabers zulässig, weswegen - auch durch den Unterzeichner - die Ansicht vertreten wird, dass die Verwendung derartiger Bilder in Nachrichtenübersichten der Suchmaschinen grundsätzlich nicht gestattet sei.
Der BGH teilt diese Auffassung nicht in Gänze und will - im Interesse der Funktionalität von Suchmaschinen - davon ausgehen, dass der Urheber seine Einwilligung in die öffentliche Zugänglichmachung von Thumbnails zur Ergebnisvorschau in einer Suchmaschine konkludent durch Einstellen der Bilder in das Internet erteilt. Dies soll insbesondere dann anzunehmen sein, wenn die Werke berechtigt zum freien Zugriff eingestellt wurden und die Vorschau des gesamten Werkes in stark verkleinerter Form für die sachgerechte Suche zwingend notwendig ist.
In der Pressemitteilung (PM Nr. 93/2010) heißt es, der BGH habe angenommen, „dass die Klägerin zwar nicht durch eine ausdrückliche oder stillschweigende rechtsgeschäftliche Erklärung Google ein Recht zur Nutzung ihrer Werke als Vorschaubilder im Rahmen der Bildersuche eingeräumt hat. Der in der Wiedergabe in Vorschaubildern liegende Eingriff in das Recht der Klägerin, ihre Werke öffentlich zugänglich zu machen (§ 19 a UrhG), ist jedoch gleichwohl nicht rechtswidrig, weil die Beklagte dem Verhalten der Klägerin (auch ohne rechtsgeschäftliche Erklärung) entnehmen durfte, diese sei mit der Anzeige ihrer Werke im Rahmen der Bildersuche der Suchmaschine einverstanden. Denn die Klägerin hat den Inhalt ihrer Internetseite für den Zugriff durch Suchmaschinen zugänglich gemacht, ohne von technischen Möglichkeiten Gebrauch zu machen, um die Abbildung ihrer Werke von der Suche und der Anzeige durch Bildersuchmaschinen in Form von Vorschaubildern auszunehmen."
Bewertung:
Der BGH verweist zur Rechtfertigung seiner nunmehr gefundenen Rechtsauffassung u. a. auf die kürzlich veröffentlichte Entscheidung des EuGH in Sachen Adword-Werbung (Urteil vom 23.03.2010 - C-236/08 bis C-238/08, TZ 106 ff. - Google France / Luis Vuitton). Danach käme eine Haftung des Suchmaschinenbetreibers erst dann in Betracht, wenn er von der Rechtswidrigkeit der von ihm gespeicherten Information Kenntnis erlangt habe.
Ob die Entscheidung in Sachen Adword-Werbung tatsächlich dazu geeignet ist, dass nunmehr für den Bereich der Urheberrechte gefundenes Ergebnis zu rechtfertigen, mag bezweifelt werden. Diese Annahme bürgt nach hiesiger Auffassung die Gefahr, die Balance der Interessen zwischen Urheberrechtsinhaber und Werkverwender zu Lasten der Urheberrechtsinhaber zu verschieben. Ein bspw. in den Vereinigten Staaten normierter „Fair Use-Grundsatz" ist im deutschen Urheberrecht gerade nicht verankert worden. Die Annahme einer „konkludenten Einwilligung" durch das Einstellen von Bildern im Internet ist dementsprechend nach hiesiger Ansicht eher eine pragmatische, als eine dogmatische Lösung des Problems der Bildersuchmaschinen im Internet. Nach hiesiger Ansicht fragt sich, wieso der BGH in dem Fall der Bildersuche die Anforderungen an eine „konkludente Einwilligung" derart niedrig gestaltet, während er bspw. für die „Zweitveröffentlichung" von Texten im Internet wesentlich höhere Anforderungen an eine genehmigte Nutzung stellt.
Insoweit bleibt abzuwarten, was der BGH im Rahmen seiner (noch nicht vorliegenden) Urteilsbegründung zu der Problematik ausführt. Wir werden hierüber, sobald das Urteil in Gänze veröffentlicht wurde, wieder berichten.
Dr. Robert Kazemi