22
Mai 2018

BGH-Urteil: Werbeblocker im Internet sind zulässig

Des einen Freud, des anderen Leid.

Ein Großteil der Onlinemedien ist werbefinanziert. Insbesondere Medien- und Verlagshäuser weisen immer wieder daraufhin, dass Werbeeinnahmen zur Finanzierung der im Regelfall kostenlos bereitgestellten Online-Inhalte zwingend notwendig seien. Demgegenüber gibt es eine zunehmende Anzahl von Nutzern, die sich durch Werbeeinblendungen „genervt“ fühlen.

Unerwünschte Werbung lässt sich technisch durch sog. Werbeblocker unterdrücken. Inwieweit der Einsatz von Werbeblockern zulässig ist, hatte der BGH in einem mit Spannung erwarteten Urteil zu entscheiden (BGH, Urteil v. 19.04.2018, Az. I ZR 154/16).

Geklagt hatte der Axel Springer Verlag gegen den Werbeblocker-Anbieter Eyeo. Die Firma Eyeo vertreibt das Computerprogramm „AdBlock Plus“, mit dem Werbung auf Internetseiten unterdrückt werden kann. Dabei wird Werbung, die von den Filterregeln der sog. Blacklist erfasst wird, automatisch blockiert. Daneben gibt es jedoch für Unternehmen die Möglichkeit, die Blockade ihrer Werbung durch Aufnahme in eine sog. Whitelist zu umgehen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Werbung die von Eyeo gestellten Anforderungen an eine "akzeptable Werbung" erfüllt. Des Weiteren verlangt Eyeo hierfür von größeren Unternehmen eine Umsatzbeteiligung, während kleinere und mittlere Unternehmen nach Angabe von Eyeo kostenlos in die Whitelist aufgenommen werden können.

Während das OLG Köln in der Vorinstanz zumindest das „Whitelisting“-Modell als unzulässig angesehen hatte, wies der BGH nun die Klage insgesamt ab.

Das Anbieten von Werbeblockern sei nicht rechtswidrig. Insbesondere stelle das Angebot des Werbeblockers keine gezielte Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG dar. Denn Eyeo verfolge in erster Linie die Förderung ihres eigenen Wettbewerbs. Sie erziele Einkünfte durch die mögliche  Aufnahme von Unternehmen in die Whitelist. Dieses Geschäftsmodell setze die Funktionsfähigkeit der Internetseiten des Verlages gerade voraus.

Darüber hinaus habe es nicht Eyeo, sondern ausschließlich der Nutzer in der Hand, ob das Programm zum Einsatz komme oder nicht. Eine (lediglich) mittelbare Beeinträchtigung des Verlagsangebotes sei jedoch nicht wettbewerbswidrig. Das Programm unterlaufe auch keine gegen Werbeblocker gerichteten Schutzvorkehrungen des Internetangebotes. Der BGH sah es auf Seiten des Verlages als zumutbar an, dass dieser ihm mögliche Abwehrmaßnahmen ergreife, wie z.B. das (technische) Aussperren von Nutzern, sofern diese einen Verzicht auf den Einsatz von Werbeblockern ablehnten.

Die Befürchtung des Axel Springer Verlages, dass sein Geschäftsmodell durch den Einsatz von Werbeblockern gefährdet werde, teilte das Gericht ebenfalls nicht. Das Angebot von Werbeblockern sei nicht als aggressive geschäftliche Handlung zu werten.

Das BGH-Urteil ist derzeit noch nicht veröffentlicht. Zu der Entscheidung liegt bislang nur eine Pressemitteilung vor. Interessant bleibt, wie sich der BGH zu den weiteren Argumenten des Verlages aus den Bereichen des Kartell- und Urheberrechts verhält. Der Verlag hat jedoch bereits angekündigt, Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil einzulegen. Es bleibt abzuwarten, ob das Bundesverfassungsgericht hier eine andere Auffassung vertritt. Bis dahin ist das Angebot von Werbeblockern als zulässig anzusehen. Betroffenen Unternehmen bleibt nur die Möglichkeit, sich in eine Whitelist aufnehmen zu lassen oder sog. „AdBlocker-Blocker“ einzusetzen, die einen Zugriff von Nutzern auf Online-Angebote des Unternehmens verhindern, sofern dies unter Einsatz von Werbeblockern geschieht.

Simone Vrancken

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