BGH: Werbung mit der Aussage „Jeder 100. Einkauf gratis“ nicht wettbewerbswidrig
In einem aktuellen Urteil hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage beschäftigt, ob die Werbung mit der Aussage, jeder 100. Kunde erhalte seinen Einkauf gratis, eine unangemessene unsachliche Beeinflussung des Durchschnittsverbrauchers darstellt (BGH, Urt. v. 22.01.2009 - I ZR 31/06).
Der klagende Verein für lauteren Wettbewerb e.V hatte dies angenommen, weil die Rationalität der Kaufentscheidung der Verbraucher hierdurch so nachhaltig beeinflusst werde, dass ein Kaufentschluss nicht mehr von sachlichen Gesichtspunkten, sondern maßgeblich durch das Streben nach der in Aussicht gestellten Gewinnchance bestimmt werde. So würden Verbraucher - in der Hoffnung der 100. zu sein - besonders viel einkaufen, um im „Gewinnfalle" besonders gut abzuschneiden.
Der BGH teilte diese besonders restriktive Auffassung des Verein für lauteren Wettbewerb e.V nicht und sah - wie schon das Berufungsgericht - in der Werbemaßnahme keinen Verstoß gegen die Bestimmungen des UWG, insbesondere keine unzulässige Koppelung von Warenabsatz und Gewinnspiel im Sinne des § 4 Nr. 6 UWG. Hiernach ist es unlauter, wenn die Teilnahme von Verbrauchern an einem Preisausschreiben oder Gewinnspiel von dem Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung abhängig gemacht wird.
Der BGH führt aus:
„Die Vorschrift des § 4 Nr. 6 UWG setzt [...] ein vom Umsatzgeschäft getrenntes Gewinnspiel voraus. [...] Der Gesetzgeber hatte bei Schaffung des § 4 Nr. 6 UWG vor allem die Fallkonstellation vor Au-gen, dass der Verbraucher - um an einem Gewinnspiel teilnehmen zu können - zunächst eine entgeltliche Leistung in Anspruch nehmen muss, die Gewinnspielteilnahme also an ein Absatzgeschäft gekoppelt wird. Wenn sich der mögliche Gewinn dagegen unmittelbar auf die vertragliche Leistung oder Gegenleistung auswirkt, handelt es sich nicht um ein an ein Absatzgeschäft gekoppeltes Gewinnspiel, sondern um ein besonderes Verfahren der Preisgestaltung (BGH, GRUR 2007, 981 - 150% Zinsbonus).
Im Streitfall fehlt es - worauf auch das Berufungsgericht zu Recht hinweist - an der im Gesetz vorausgesetzten Kopplung zwischen der Teilnahme an einem Gewinnspiel und dem Erwerb einer Ware. Der Eintritt des ungewissen Ereignisses (100. Einkauf) wirkt sich lediglich auf die vertragliche Gegenleistung für den Warenerwerb aus, indem in diesem Fall auf die Zahlung des Kaufpreises verzichtet wird."
An der erforderlichen Kopplung fehlt es daher, wenn der Preis für eine Ware oder Dienstleistung von einem ungewissen Ereignis abhängig gemacht wird. Beispiele: Abhängigkeit der Zinshöhe einer Festgeldanlage vom Ausgang eines Sportereignisses (BGH, GRUR 2007, 981 - 150% Zinsbonus); Auslosung eines unter den Käufern einer Ware; Würfeln an der Kasse um die Höhe des Rabatts. Von einer Kopplung ist dagegen auszugehen, wenn mit dem Erwerb einer Ware automatisch die Teilnahme an einem Gewinnspiel verbunden ist, welches weitere, vom Kauf unabhängige Gewinne verspricht.
Dr. Robert Kazemi