30
Mai 2011

BGH: Werbung mit Garantien muss nicht den Anforderungen des § 477 Abs. 1 genügen

In der Werbung sind Garantieaussagen nicht mehr wegzudenken. Wer dem Kunden eine „lebenslange" Garantie in Aussicht stellt, der verspricht zugleich eine besondere Qualität seines Produktes. Die Möglichkeit mit derartigen Aussagen seinen Absatz zu fördern, liegt damit auf der Hand. Dennoch, auch dies ist hinlänglich bekannt, die meisten Garantien haben Ecken und Kanten, kleine Fallstricke, die aus einer „lebenslangen" schnell eine „kurze" Garantie machen. Wer ist anspruchsberechtigt, gibt es Gründe, unter denen die Garantie verfällt etc.? Nach § 477 Abs. 1 BGB muss eine Garantieerklärung den Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers sowie darauf, dass sie durch die Garantie nicht eingeschränkt werden und den Inhalt der Garantie und alle wesentlichen Angaben, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, insbesondere die Dauer und den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes sowie Namen und Anschrift des Garantiegebers enthalten. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte nunmehr darüber zu befinden, ob diese „Pflichtangaben" auch im Rahmen der Werbung mit Garantien angegeben werden müssen (BGH, Urt. v. 14.04.2011, I ZR 133/09).

Der BGH beantwortet diese Frage mit einem eindeutigen „NEIN".

Der Fall:

Die Parteien handeln mit Tintenpatronen und Tonerkartuschen für Computerdrucker, die sie über das Internet im Wege des Versandhandels vertreiben.

Der Beklagte bot auf seiner Internetseite Druckerpatronen und Kartuschen als Ersatz für Originalerzeugnisse von Markenherstellern an, die er u.a. wie folgt bewarb: „HQ-Patronen Garantie - 3 Jahre Garantie". Unmittelbar darunter hieß es: „HQ-Patronen gewährt auf alle Produkte 3 Jahre Garantie".

Der klagende Mittbewerber sah hierin einen Verstoß gegen die Vorgaben des § 477 Abs. 1 BGB und forderte Unterlassung. Nachdem er vom OLG Hamm noch Recht bekommen hat, entschied der BGH nunmehr zu Gunsten des Werbenden und hob das Unterlassungsurteil letztinstanzlich auf.

Die Entscheidung:

Zwar muss eine Garantieerklärung gem. § 477 Abs. 1 Satz 2 BGB den Hinweis auf den Inhalt der Garantie und alle wesentlichen Angaben, die für deren Geltendmachung erforderlich sind, insbesondere die Dauer und den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes sowie Namen und Anschrift des Garantiegebers, enthalten, diese Anforderungen finden jedoch nach Ansicht des BGH auf eine Werbemaßnahme keine Anwendung.

Nach Ansicht der Karlsruher Richter stellt eine Werbung mit einer Garantie, nämlich keine  Garantieerklärung (§ 443 BGB) dar.

Unter den Begriff der Garantieerklärung fallen nur Willenserklärungen, die zum Abschluss eines Kaufvertrags oder eines eigenständigen Garantievertrags führen, nicht dagegen die Werbung, die den Verbraucher lediglich zur Bestellung auffordert und in diesem Zusammenhang eine Garantie ankündigt, ohne sie bereits rechtsverbindlich zu versprechen

Dies ergibt sich - nach Ansicht des BGH - bereits aus dem Wortlaut des § 477 Abs. 1 BGB. Eine Garantieerklärung im Sinne dieser Vorschrift liegt nur vor, wenn der Verkäufer in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für eine vereinbarte Beschaffenheit der Kaufsache übernimmt und damit zu erkennen gibt, dass er für alle Folgen des Fehlens einstehen will. Dagegen ist eine durch das Internet übermittelte Aufforderung zur Bestellung im Zweifel als bloße invitatio ad offerendum aufzufassen.

So liegt der Fall auch hier.

Dass der Beklagte bereits in der zum Gegenstand des Verbotsantrags gemachten Werbung für den Verkehr erkennbar durch den dort enthaltenen Hinweis auf die Garantie in vertragsmäßig bindender Weise eine Beschaffenheitsgarantie übernommen hat, ist nicht ersichtlich.

Bewertung:

Die Werbung mit einer Garantie ist also (wettbewerbsrechtlich) von der Garantie selbst zu unterscheiden und auch ohne genaue Angaben über die der in Aussicht gestellten Garantie rechtlich zulässig. Dieses Ergebnis überzeugt, denn der BGH weist zu Recht darauf hin, dass zu weit gefasste Garantieankündigungen in der Werbung zu einer entsprechenden Erweiterung der Garantieverpflichtung des Händlers oder Herstellers führen (§ 443 BGB) und der Verbraucher hierdurch bereits hinreichend geschützt ist. Ihn darüber hinaus auch innerhalb der Werbung selbst über die Garantiebedingungen zu informieren, erscheint überzogen. Die Entscheidung des BGH sollte dennoch nicht als „Freibrief" missverstanden werden. Dies zum einen, weil auch Garantiewerbung nicht irreführend sein darf, was bedeutet, dass eine Garantie auch tatsächlich eingeräumt werden muss. Und zum anderen, muss sich der Werbende bei Vertragsschluss auch an seinen Garantieaussagen festhalten lassen.

Dr. Robert Kazemi

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