BGH: Zu den Grenzen freiberuflicher Werbung – hier „Gewinnmaximierung mit Geld-zurück-Garantie“ beim Steuerberater
Aggressive, die vermeintliche Qualität der eigenen Leistung herausstellende Werbung, ist vor allem aus der gewerblichen Wirtschaft bekannt. Dabei lässt sich vor allen die Sparmentalität der Deutschen gut zu Werbezwecken nutzen, „Geiz ist Geil" warum nicht auch beim Steuerberater?
Dies dachte sich auch eine im Gerichtssprengel des Landgerichts Hannover ansässige und auf die Beratung von Tankstellenpächtern spezialisierte Steuerberatungskanzlei, die im Februar 2006 zunächst mit dem Slogan „Wir helfen Ihnen, Ihren Gewinn zu steigern" und dann mit einer „Gewinnmaximierung mit Geld-zurück-Garantie" mittels Postwurfsendungen warb.
Die in den Schreiben im Einzelnen getroffenen Aussagen hielten Mitbewerber für berufsrechtswidrig, da die Werbung insbesondere gegen die in § 57a Steuerberatungsgesetz (StBerG) und in § 10 der Berufsordnung für Steuerberater (BOStB) verankerte Verpflichtung zur sachangemessen und informativen Werbung verstoße.
Nachdem die Werbenden vom OLG Celle noch weitreichend, insbesondere hinsichtlich der „Gewinnmaximierungsidee" zur Unterlassung verurteilt wurden, hob der Bundesgerichtshof (BGH) die Entscheidung nunmehr weitestgehend auf und beschränkte den Unterlassungstitel dahingehend, dass den Werbenden lediglich insoweit, als dass in der Werbung der Steuerberater die Preiswürdigkeit und die fachliche Qualität der Leistung anderer Steuerberater in unlauterer Weise pauschal herabgesetzt wurden (BGH, Urteil vom 29. Juli 2009 - I ZR 77/07).
Im Übrigen bestätigte der BGH jedoch die in der Rechtsprechung, insbesondere des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG), seit langem bestehende Tendenz dazu, die Aufmerksamkeitswerbung der Freiberufler nur dann zu beschränken, wenn konkrete Gemeinwohlbelange beeinträchtigt werden, dies sei jedoch nur dann der Fall, wenn keinerlei sachlicher Bezug zur Berufstätigkeit des Freiberuflers zu erkennen sei.
Der BGH sah es nach vorgenanntem grundsätzlich als zulässig an, dass die Steuerberater hier unter anderem mit den Aussagen:
„Gewinnmaximierung mit Geld-zurück-Garantie
mit Schreiben vom 7. Februar 2006 haben wir Ihnen eine kostenlose Beratung zur Gewinnmaximierung angeboten. Sie haben bisher nicht auf unser Angebot reagiert. Verschenken Sie kein Geld! Fordern Sie Ihren Beratungsanspruch! Scheuen Sie sich nicht, einen Termin mit uns zu vereinbaren (Tel.: ...)."
oder
„Wir helfen Ihnen, Ihren Gewinn zu steigern"
oder mit Suggestivfragen
geworben hatten. Insoweit handelte es sich - so der BGH - zwar um eine eindringliche aber im Rahmen des Zulässigen aufdringliche Erinnerungswerbung für das angebotene Beratungsgespräch. Dieses Gespräch, für das die angeschriebenen Tankstellenpächter gewonnen werden sollen, soll der Beklagten die Möglichkeit geben, ihre berufliche Tätigkeit vorzustellen, heißt es im Urteil weiter.
Auch der Hinweis auf eine kostenlose Beratung zur Gewinnmaximierung sei nicht zu beanstanden. Es entspräche der Berufspflicht des Steuerberaters, in rechtlich zulässiger Weise die Abgabenlast des steuerpflichtigen Unternehmens zu minimieren und dadurch dessen Gewinn zu optimieren. Die anschließenden drei Sätze ("Sie haben bisher nicht auf unser Angebot reagiert. Verschenken Sie kein Geld! Fordern Sie Ihren Beratungsanspruch!") gehören zu den in der allgemeinen Erinnerungs- und Aufmerksamkeitswerbung üblichen Stilmitteln. Die Aufforderungen sollen den Steuerpflichtigen veranlassen, mit Hilfe der Beklagten seine Steuerbelastung zu verringern. Da das die Berufspflicht des Steuerberaters ist, sind sie nicht geeignet, das Vertrauen der steuerlichen Rat suchenden Personen auf eine an ihren Interessen ausgerichtete und nicht ausschließlich am eigenen Gewinn orientierte Tätigkeit des Steuerberaters zu beeinträchtigen.
Lediglich in der pauschalen Herabsetzung von Mitbewerbern (hier aller anderen Steuerberater), sah der BGH die Grenzen sachbezogener Werbung überschritten:
„Wir zeigen Ihnen, wie Sie die zuviel gezahlten Steuerberaterhonorare sowie Steuern und Abgaben zumindest für die Zukunft einsparen."
war dann doch zu viel. Denn diese Aussage suggeriere, so das Gericht, dass die angeschriebenen Tankstellenpächter in der Vergangenheit ihren bisherigen Steuerberatern zuviel Honorar gezahlt und zudem mehr Steuern und Abgaben als notwendig entrichtet hätten. Damit aber würden die Preiswürdigkeit und die fachliche Qualität der Leistung der Wettbewerber der Beklagten in unlauterer Weise pauschal herabgesetzt.
Das Urteil zeigt, die Werbefreiheit aller Freiberufler geht weit. Freiberuflich, heißt mittlerweile auch frei in der Werbung und der Gewinnung von neuen Kundenschichten, nicht jedoch auf dem Rücken anderer Berufsträger.
Dr. Robert Kazemi