23
Mai 2013

BGH: Zur Abwendung des § 24 Abs. 1 UrhG bei der Benutzung fremder Tonaufnahmen – „Metall auf Metall II“

Der Fall:

Die Kläger sind Mitglieder der Musikgruppe „Kraftwerk". Diese veröffentlichte im Jahre 1977 einen Tonträger, auf dem sich unter anderem das Musikstück „Metall auf Metall" befindet. Die Beklagten zu 2 und 3 sind die Komponisten des Titels „Nur mir", den die Beklagte zu 1 mit der Sängerin Sabrina Setlur in zwei Versionen eingespielt hat. Diese Musikstücke befinden sich auf zwei im Jahre 1997 erschienenen Tonträgern. Kläger behaupten, die Beklagten hätten eine etwa zwei Sekunden lange Rhythmussequenz aus dem Titel „Metall auf Metall" elektronisch kopiert („gesampelt") und dem Titel „Nur mir" in fortlaufender Wiederholung unterlegt obwohl es ihnen möglich gewesen wäre, die übernommene Rhythmussequenz selbst einzuspielen. Sie meinen, die Beklagten hätten damit ihre Rechte als Tonträgerhersteller und ausübende Künstler verletzt und nahmen die Beklagten u.U. auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen.

Die Entscheidung:

Der BGH (Urt. v. 13.12.2012, I ZR 182/11) gab den Klägern Recht und sprach die geltend gemachten Ansprüche zu. Nach Überzeugung des Gerichts haben die Beklagten durch das Sampling der zwei Takte in das Recht des Tonträgerherstellers nach § 85 Abs. 1 S. 1 UrhG eingegriffen. Insbesondere könnten sich die Beklagten nicht erfolgreich auf das Recht zur freien Benutzung nach § 24 Abs. 1 UrhG berufen, weil es ihnen möglich gewesen wäre, die übernommene Rhythmussequenz selbst herzustellen. Nach §24 Abs. 1 UrhG darf ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist, ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden. Die Vorschrift ist hier nicht unmittelbar anwendbar, weil sie nach ihrem Wortlaut die Benutzung des Werkes eines anderen voraussetzt; die Regelung ist jedoch im Falle der Benutzung eines fremden Tonträgers grundsätzlich entsprechend anwendbar. Eine entsprechende Anwendung des § 24 Abs.1 UrhG scheidet nach der Rechtsprechung des Senats allerdings unter anderem dann aus, wenn es möglich ist, die auf dem Tonträger aufgezeichnete Tonfolge selbst einzuspielen. Sinn und Zweck des § 24 Abs. 1 UrhG sei es, Freiraum für eine schöpferische Auseinandersetzung mit bestehenden Werken zu schaffen und damit eine kulturelle Fortentwicklung zu ermöglichen. Dem liefe es zuwider, wenn zwar der Urheber eine freie Benutzung seines Werkes hinnehmen müsste, der Tonträgerhersteller aber eine freie Benutzung des das Werk enthaltenen Tonträgers verhindern könnte. Eine entsprechende Anwendung des § 24 Abs. 1 UrhG sei bei der Benutzung fremder Tonaufnahmen ausgeschlossen, wenn es einem durchschnittlich ausgestatteten und befähigten Musikproduzenten zum Zeitpunkt der Benutzung der fremden Tonaufnahme möglich ist, eine eigene Tonaufnahme herzustellen, die dem Original bei einer Verwendung im selben musikalischen Zusammenhang aus Sicht des angesprochenen Verkehrs gleichwertig ist.

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