23
Mai 2013

Bundesgerichtshof legt EuGH Frage zur urheberrechtlichen Zulässigkeit des „Framing“ vor

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage vorgelegt, ob der Betreiber einer Internetseite eine Urheberrechtsverletzung begeht, wenn er urheberrechtlich geschützte Inhalte, die auf anderen Internetseiten öffentlich zugänglich sind, im Wege des "Framing" in seine eigene Internetseite einbindet (BGH, Beschl. v. 16.05.2013, Az. I ZR 46/12 - „Die Reaglität").

Hintergrund war, dass die Klägerin einen Werbefilm hergestellt hatte, dessen ausschließliches Nutzungsrecht sie besaß. Dieser Film war dabei auch auf youtube - nach Vorbringen der Klägerin ohne ihre Zustimmung - abrufbar.

Die Beklagten sind selbstständige Handelsvertreter eines mit der Klägerin im Wettbewerb stehenden Unternehmens und verwandten das streitgegenständliche Werbevideo der Beklagten auf ihren eigenen Internetseite in Form des sog. „Framings", eröffneten also die Möglichkeit durch Anklickens eines Links auf ihrer Seite das Video von der Plattform youtube unmittelbar auf ihrer eigenen Webseite anzusehen.

Die Klägerin sah hierin eine Verletzung des Urheberrechts und nahm die Beklagten auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch.

Streitig ist hierbei insbesondere die Frage, ob die Beklagten selbst das Video durch Einbettung in ihre Internetpräsenz öffentlich zugänglich im Sinne des § 19a UrhG gemacht haben.

Der BGH stellte hierbei zunächst klar, dass die bloße Verknüpfung eines auf einer fremden Internetseite bereitgehaltenen Werkes mit der eigenen Internetseite grundsätzlich kein öffentliches Zugänglichmachen in diesem Sinne darstelle, da es der Inhaber der fremden Internetseite sei, der darüber entscheide, ob das Werk der Öffentlichkeit zugänglich bleibt. Eine solche Verknüpfung könnte jedoch bei einer im Blick auf Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des § 15 Abs. 2 UrhG ein unbenanntes Verwertungsrecht der öffentlichen Wiedergabe verletzen. Der Bundesgerichtshof hat dem Gerichtshof der Europäischen Union daher die - auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht zweifelsfrei zu beantwortende - Frage vorgelegt, ob bei der hier in Rede stehenden Einbettung eines auf einer fremden Internetseite öffentlich zugänglich gemachten fremden Werkes in eine eigene Internetseite eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG vorliegt.

Es bleibt abzuwarten, wie der EuGH hier entscheiden wird. Diese Entscheidung dürfte jedoch in Zeiten von Facebook, Twitter etc., wo tagtäglich tausende von Videos eingebettet werden von erheblicher praktischer Bedeutung, nicht zuletzt für den Internetverkehr im Allgemeinen haben.

Inwieweit solche Darstellungen fremder Inhalte in einem Frame ein öffentliches Zugänglichmachen gemäß § 19a UrhG sein kann, das der den Link setzende Webseitenbetreiber vornimmt, wird in der juristischen Diskussion bislang höchst unterschiedlich beurteilt. Während einige auf die Sicht des Internetnutzers abstellen, der an der Adresszeile seines Brow­sers nicht erkennen könne, dass Teile der Webseite von einem Dritten stammen, und ausreichen lassen, dass sich der Webseitenbetreiber fremde Inhalte derart zu Eigen mache, dass für den gewöhnlichen Nutzer die Fremdheit der Inhalte nicht mehr in Erscheinung tritt (LG München I, Urt. v. 10.01.2007 - 21 O 20028/05, MMR 2007, 260 [262] m. Anm. Ott; für § 22 KUG ähnlich LG Köln, Urt. v. 17.06.2009 - 28 O 662/08, K&R 2009, 820), betonen andere, dass der bloße Anschein einer urheberrechtlichen Nutzungshandlung mit der Erfüllung des Tatbestands nicht gleichzusetzen sei, weshalb sie das Framing trotz des damit vom Linksetzer erweckten Eindruck eines einheitlichen Internetauftritts nicht anders beurteilen als das Setzen gewöhnlicher Hyperlinks (vgl. Schricker / Loewenheim / von Ungern-Sternberg, Urheberrecht, 4. Aufl., § 19a Rn. 46; Wandtke / Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl., § 19a Rn. 29). Dieses jedoch greift  nach ständiger Rechtsprechung gerade nicht in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ein, sondern verweist lediglich in einer Weise auf das fragliche Werk, die Nutzern den bereits eröffneten Zugang zu diesem Werk erleichtert (vgl. BGH GRUR 2003, 958 [962] = WRP 2003, 1341 - Paperboy).

Dr. Robert Kazemi

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