01
Nov 2013

Entwarnung in Sachen „Like-Button“: Fanpage-Betreiber haften nicht für Datenverarbeitungen durch Facebook

Einer Pressemitteilung des Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) zur Folge hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht (VG) nunmehr entschieden, dass deutsche Betreiber von Facebook-Fanpages für die bei Facebook erfolgende Datenverarbeitung datenschutzrechtlich in keiner Weise verantwortlich gemacht werden können (Az. 8 A 37/12, 8 A 14/12, 8 A 218/11).

Die datenschutzrechtliche Kritik an dem Like-button kam im Zusammenhang mit der Teilnahme der Stadt Hamburg am facebook-Like-Button-Programm auf. Die Stadt hatte sich im Sommer 2010 dazu entschieden, den Like-Button in ihr Portal zu integrieren. Diese Funktion - so der Webmaster der Freien und Hansestadt Hamburg, Konjovic, „passte ideal in die Strategie von Hamburg.de". Die Stadt wollte „einerseits den Dialog mit ihren Besucherinnen und Besuchern gerne möglichst intensiv und überall wo sinnvoll führen", aber auch „die Vernetzung der User untereinander fördern". Der facebook-Like-Button wurde als „eine einfache Möglichkeit, sein Gefallen an einem Web-Inhalt kundzutun" angesehen; insbesondere käme kaum ein Blog ohne die neue Funktion von facebook aus, der Like-Button sei fast überall sehr schnell integriert worden und werde von Usern eifrig genutzt".

Circa zwei Wochen nach der Integration des facebook-Like-Buttons entschied sich die Stadt Hamburg dennoch dazu, die Funktion wieder zu entfernen. Anlass waren umfassende Presseberichterstattungen darüber, dass der facebook-Like-Button nicht nur Daten von Usern sammelt, die ihn anklicken, sondern von jedem User, der sich auf einem Internetportal bewegt, welches einen solchen Like-Button integriert hat.

Freilich, diese Behauptung konnte (bislang) nicht „bewiesen" werden, da niemand so recht weiß, was facebook mit den per Like-Button gesammelten Daten überhaupt macht. Bedingt durch die Art und Weise der Realisierung dieses Buttons könnten auch Daten von nicht bei facebook angemeldeten Usern gesammelt werden. Jeder Schritt, den ein User auf einer Internetseite vollzieht, die mit dem like-Button ausgestattet ist, könnte so durch facebook nachvollzogen und kontrolliert werden. Die Erstellung eines umfassenden Nutzerprofiles wäre so ein Leichtes. Facebook weist darauf hin, dass „eine Verarbeitung" personenbezogener Daten nicht stattfinde und die „gesammelten Daten" (von denen niemand weiß, was sie überhaupt beinhalten) nach „drei Monaten gelöscht würden". Was dafür spräche, dass tatsächlich auch die Daten von „Nicht-facbook-Nutzern" gesammelt und gespeichert werden.

„Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) hatte Ende 2011 festgestellt, dass die Facebook-Datenverarbeitung nicht mit deutschem Datenschutzrecht vereinbar ist, u. a. weil die Nutzung von Fanpages personenbezogen präzise erfasst wird, gegen die Profilbildung keine Widerspruchsmöglichkeit eingeräumt wird, beim Setzen von Cookies keine wirksamen Einwilligungen eingeholt werden und weil für die Betroffenen nicht die geforderte Transparenz hergestellt wird. Das ULD hatte daraufhin den drei Unternehmen per Verfügung auferlegt, ihre Fanseiten zu deaktivieren. Diese Bescheide wurden nun aufgehoben."

heißt es in der Pressemitteilung.

Weiter heißt es, in der mündlichen Urteilsbegründung habe der vorsitzende Richter erklärt, Fanpagebetreiber könnten für den von ihnen genutzten Dienst datenschutzrechtlich nicht verantwortlich gemacht werden, „weil sie faktisch auf das Angebot von Facebook keinen Einfluss nehmen können und auch keinen Zugriff auf die personenbezogenen Daten hätten. Dass dies faktisch zu einer Beschränkung des Datenschutzes führe, müsse angesichts der gesetzlichen Regelung hingenommen werden."

Das Rechtsmittel zum OVG wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen. Nach Angaben des ULD strebt dieses voraussichtlich auch eine Entscheidung durch das Oberverwaltungsgericht an.

(Quelle: Pressemitteilung des ULD SH vom 09.10.2013, abrufbar unter: https://www.datenschutzzentrum.de/presse/20131010-facebook-vg-urteil.htm)

Bewertung:

Die Entscheidung lässt zunächst all diejenigen aufatmen, die einen like-button in ihr Internetangebot eingebunden haben. Ob die Entscheidung Bestand haben wird, bleibt abzuwarten.

Dr. Robert Kazemi

Update:

Mit Pressemitteilung vom 01.11.2013 berichtet das ULD, dass gegen das Urteil Berufung ein gelegt werde.

"Nach Ansicht des ULD ist eine Korrektur der Urteile des VG Schleswig dringend geboten: Grundlegende Regelungen des deutschen Telemedienrechts werden nicht ausreichend beachtet. Insbesondere ignorieren sie die grundrechtliche Schutzpflicht des Staates für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung im Hinblick auf das Internet. Die Rechtsfrage ist nicht nur für private, sondern auch für öffentliche Stellen von hoher Relevanz, die sich US-amerikanischer Dienstleister bedienen. Welche unabsehbaren Risiken für den Datenschutz damit verbunden sind, haben aktuell die Enthüllungen von Edward Snowden offenbart, wonach derartige Daten massenhaft und unter völliger Missachtung europäischer Rechtsprinzipien von der US-amerikanischen National Security Agency abgefangen, ausgewertet und u. a. an weitere US-Behörden weitergegeben werden.

Die Klärung der Rechtsfrage ist nach Überzeugung des ULD von großer Bedeutung für die Verabschiedung einer wirksamen Europäischen Datenschutz-Grundverordnung, wozu der Innen- und Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments kürzlich mit großer Mehrheit einen Entwurf beschlossen hat. Thilo Weichert, Leiter des ULD: „Die bisherigen Regelungsvorschläge zur `verantwortlichen Stelle´ - englisch `controller´ - weichen inhaltlich von den derzeit gültigen Regelungen nicht ab. Sollte die Ansicht des VG Schleswig bestätigt werden, so bliebe das bestehende Regelungs-, Kontroll- und Vollzugsdefizit erhalten. Dies darf nicht der Wille der verantwortlichen Politikerinnen und Politiker sein. Um insofern eine schnelle verbindliche Klärung herbeizuführen, schlägt das ULD als Berufungskläger im Zweifel eine Vorlage beim Europäischen Gerichtshof vor."

heißt es in der Pressemitteilung.

 

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