22
Apr 2016

Keine Verpflichtung des niedergelassenen Arztes zur Prüfung, ob sich sein Patient aktuell in stationärer Behandlung befindet

Keine Verpflichtung des niedergelassenen Arztes zur Prüfung, ob sich sein Patient aktuell in stationärer Behandlung befindet

Mit Urteil vom 03.03.2016 hat das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (LSG RLP) entschieden, dass ein Vertragsarzt, ohne konkrete Anhaltspunkte zu haben, nicht verpflichtet ist, den Versicherten bei einer Arzneimittelverordnung zu fragen, ob dieser sich gegenwärtig in stationärer Krankenhausbehandlung befindet (Urt. v. 03.03.2016, L 5 KA 41/14). Eine gesetzliche Krankenkasse hatte die KV verpflichten wollen, einen Vertragsarzt auf Schadenersatz in Höhe von 324,66 EUR wegen einer vertragsärztlicher Arzneimittelverordnungen während einer stationären Behandlung ihres Patienten in Anspruch zu nehmen.

Die bei der Klägerin versicherte Patientin (im Folgenden Versicherte) befand sich in der Zeit vom 20.3.2002 bis zum 9.4.2002 in stationärer Behandlung. Am 2.4.2002 verordnete der betroffene Vertragsarzt der Versicherten zwei Arzneimittel (Blutdrucksenker). Der Behandlungsschein weist für den 2.4.2002 einen persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt aus. Die Verordnungen über die Arzneimittel wurden am selben Tag eingelöst. Der Klägerin entstanden dadurch Kosten in Höhe von insgesamt 324,66 EUR (Bruttobetrag abzüglich Apothekenrabatt und Eigenanteil). Sie beantragte im Dezember 2003 bei der Gemeinsamen Prüfungseinrichtung der Vertragsärzte und Krankenkassen die Feststellung eines sonstigen Schadens gemäß § 48 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV Ä) iVm § 13 der Prüfvereinbarung, weil der Vertragsarzt die Arzneimittelverordnungen für eine Patientin ausgestellt habe, die sich zu diesem Zeitpunkt in stationärer Behandlung befunden habe. Der Vertragsarzt erklärte hierzu, ihm sei nicht bekannt gewesen, sich die Patientin in stationärer Behandlung befunden habe. Einer Nachfrage habe es insoweit nicht bedurft.

Diese Ansicht teilt auch das LSG RLP. In den Gründen heißt es:

„Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Beigeladene zu 1 Anhaltspunkte dafür hatte, dass sich die Versicherte im Zeitpunkt der Ausstellung der Arzneimittelverordnungen in stationärer Krankenhausbehandlung befand und die Medikamente zur Einnahme in dieser Zeit bestimmt waren. Ohne solche konkreten Anhaltspunkte war der Beigeladene zu 1 nicht zu einer entsprechenden Nachfrage verpflichtet. Eine gesetzliche Grundlage für eine solche Nachfragepflicht ohne bestimmten Anlass gibt es nicht (vgl. Clemens in jurisPK SGB V, § 106 Rn 103). Soweit das SG Stuttgart in seinem Urteil vom 14.3.2012 (S 20 KA 5198/10) eine andere Auffassung vertreten hat, folgt der Senat dem nicht. Ob der Beigeladene zu 1 seinerzeit zu Recht die EBM(Ä) Nr. 1 abgerechnet hat, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.“

Die Entscheidung ist zu begrüßen. Sie gebietet den immer weiter gefassten Verpflichtungen des Arztes Einhalt und stärkt insoweit die Ärzteschaft. Diese ist schlicht nicht verpflichtet, vor jeder Verordnung jegliche, auch noch so abwegige Möglichkeiten, die einer Verordnung ggf. entgegenstehen könnten, beim Patienten aktiv abzufragen.

Juliane Kazemi

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