30
Mai 2010

LG Bochum: Größenangaben im Handel – Wie groß ist mein Bildschirm

In einer aktuellen Entscheidung vom 30. März 2010 (Az. I-17 O 21/10) hat sich das Landgericht (LG) Bochum mit einer wenig bekannten gesetzlichen Vorschrift zu beschäftigen gehabt. Das Gesetz über die Einheiten im Messwesen und die Zeitbestimmung (EinhZeitG) trifft Bestimmungen über Größenangaben in Werbung und Verkauf. Danach sind im amtlichen und im geschäftlichen Verkehr Größen in gesetzlichen Einheiten anzugeben, diese sind unter anderem Meter, Zenti- und Millimeter.

Ein Internethändler hatte statt dessen einen elektronischen Bilderahmen lediglich unter Größenangabe in Zoll beworben. Hiergegen wandte sich ein Konkurrent, der mit Blick auf die Bestimmung des § 1 EinhZeitG in der fehlenden Zentimeter-Angabe einen Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG behauptete.

Zu Unrecht urteilte nunmehr das angerufene LG Bochum. Zwar verstoße der in Anspruch Genommene Händler in der Tat gegen die gesetzlichen Vorgaben des EinhZeitG, doch handele es sich bei diesem Verstoß (ausnahmsweise) nicht um einen solchen der geeignet wäre, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen.

Denn eine dahingehende Eignung sei nur anzunehmen, wenn eine objektive Wahrscheinlichkeit dafür bestehe, dass die konkrete Handlung zu einer spürbaren Beeinträchtigung dieser Interessen führt. Die Eignung zur spürbaren Beeinträchtigung fehlt vorliegend nach Überzeugung des Gerichts, weil die Teilnehmer am hier relevanten Markt  in hohem Maße an Größenangaben in Zoll gewöhnt sind. Anders als bei Fernsehern wird die Bildschirmgröße im Computerbereich, etwa bei Monitoren, Laptops und Zubehör, wie digitalen Bilderrahmen bislang nahezu ausschließlich in Zoll angegeben; diese Angabe sei daher nicht geeignet die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen.

Damit aber unterfalle der Gesetzesverstoß der sog. Bagatellklausel des § 3 UWG und könne - trotz Vorliegens eines eindeutigen Gesetzesverstoßes - nicht durch Mitbewerber abgemahnt werden.

Bewertung:

Die sog. Bagatellklausel in § 3 UWG kommt erfahrungsgemäß nur äußerst selten zum Tragen. In aller Regel ist der Verstoß gegen eine gesetzliche Bestimmung zum Schutz der Verbraucher und/oder der sonstigen Marktteilnehmer auch ein wettbewerbswidriges Verhalten anzunehmen. Zweck der Bagatellklausel  ist es, die Verfolgung von bloßen Bagatellfällen auszuschließen. Ein Grund dafür liegt darin, eine sachlich nicht gebotene Inanspruchnahme der Gerichte zu verhindern. Vor allem aber besteht kein schutzwürdiges Interesse der Anspruchsberechtigten an der Verfolgung von Bagatellfällen. Die Bagatellklausel  in § 3 UWG stellt letztlich eine Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dar. Sie soll eine rechtsmissbräuchliche  Geltendmachung von wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen verhindern.

Dr. Robert Kazemi

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