LG Bonn: Kein Auskunftsanspruch gegen die Telekom zur Ermittlung der Teilnehmerdaten eines „One-Night-Stands“ zum Zwecke der Vaterschaftsfeststellung
Es gibt Geschichten, die schreibt das Leben allein. Wären sie nicht in Urteilsgründe verfasst, würde man sicherlich an eine erfundene Geschichte denken, aber was das Landgericht (LG) Bonn mit Urteil vom 29.09.2010 (Az. 1 O 207/10) entschieden hat, ist wahr.
Der Fall:
Die Klägerin behauptet, sie sei die Mutter des am xx.xx.20xx geborenen Kindes M. Das Kind sei im Rahmen eines einmaligen sexuellen Kontaktes entstanden. Der Erzeuger habe sich selbst "N" genannt. Nachnamen und Anschrift habe er ihr nicht mitgeteilt, wohl aber seine Telefonnummer (xxxxx)XXXXXXXX, unter der sie mehrfach mit ihm telefoniert habe. Sie habe "N" über ihre Schwangerschaft unterrichtet; dieser habe daraufhin mitgeteilt, er brauche keine Kinder. Letztmals am xx.xx.20xx sei "N" unter der genannten Rufnummer erreichbar gewesen. Zwischenzeitlich sei die Rufnummer nicht mehr in Benutzung. Da sie den Erzeuger des Kindes nicht habe benennen können, seien ihr Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gesperrt worden. Sie sei unter diesen Umständen zur Feststellung der Vaterschaft darauf angewiesen, Namen und Anschrift des Anschlussinhabers zu erfahren.
Die Entscheidung:
Das LG wies die Auskunftsklage der Mutter zurück. Der geltend gemachte Auskunftsanspruch steht der Klägerin nach Ansicht des Gerichts nicht zu.
Nach der bereits durch das Reichsgericht (Urteil vom 03.06.1921 - II 590/20, RGZ 102, 235, 236) begründeten ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist dem bürgerlichen Recht eine allgemeine, nicht aus einem besonderen Rechtsgrund abgeleitete Auskunftspflicht unbekannt. Daher begründet allein die Tatsache, dass jemand über Sachverhalte informiert ist oder sein könnte, die für einen anderen von Bedeutung sind, keine Auskunftspflicht.
Für die von der Klägerin begehrte Auskunft fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage.
Die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 13a i.V.m. § 13 UKlaG liegen nicht vor. Zwar folgt aus diesen Vorschriften ein Anspruch gegen einen Erbringer von Telekommunikationsdiensten auf Mitteilung des Namens und der zustellungsfähigen Anschrift eines Beteiligten an Telekommunikationsdiensten. Dieser Anspruch setzt jedoch nach dem klaren Wortlaut der Vorschriften voraus, dass der Betroffene die Angaben zur Durchsetzung bestimmter Ansprüche benötigt. Es handelt sich um Ansprüche auf Unterlassung der Lieferung unbestellter Waren, der Erbringung unbestellter sonstiger Leistungen oder der Zusendung oder sonstiger Übermittlung unverlangter Werbung. Einen Auskunftsanspruch zur Durchsetzung der von der Klägerin beabsichtigten Vaterschaftsfeststellung sieht § 13a UKlaG demgegenüber nicht vor.
Bewertung:
Zugegeben, die Klägerin hatte einen findigen Rechtsbeistand, dennoch ist dem Landgericht Bonn im Ergebnis zuzustimmen. Zwar liefert §§ 13a i.V.m. 13 UKlaG einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Telekommunikationsanbieter auch gegen den Willen des Anschlussinhabers, doch ist dieser Anspruch wegen des hiermit verbundenen Eingriffs in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen nur in eng begrenzten Ausnahmefällen gegeben.
Dr. Robert Kazemi