30
Mär 2016

LG Düsseldorf: Integration eines Like-Buttons ohne entsprechende aktive Hinweise wettbewerbswidrig

Die Integration eines sog. Facebook Like Buttons ist – spätestens seit der massiven Kritik des früheren Landesdatenschutzbeauftragten aus Schleswig-Holstein – nicht ganz unkompliziert. Bislang war die Rechtsprechung indes hier recht liberal und sah den Webseitenbetreiber nicht in der Verantwortung für das „heimliche“ Kommunizieren des Buttons mit Facebook. Nun sorgt ein neues Urteil des Landgerichts Düsseldorf für weitere Unsicherheit (LG Düsseldorf, Urteil vom 9. März 2016, Az. 12 O 151/15).

Unter dem 09.03.2016 wurde ein Websitebetreiber dazu verurteilt, es zu unterlassen den Like-Button in sein Webangebot zu integrieren, ohne die Nutzer der Internetseite bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Anbieter des Plugins beginnt, Zugriff auf die IP-Adresse und den Browserstring des Nutzers zu nehmen, ausdrücklich und unübersehbar die Nutzer der Internetseite über den Zweck der Erhebung und der Verwendung der so übermittelten Daten aufzuklären. Weiterhin wurde dem Betreiber aufgegeben, aktiv eine Einwilligung der Nutzer der Internetseite zu dem Zugriff auf die IP-Adresse und den Browserstring durch den Plugin-Anbieter und zu der Datenverwendung einzuholen, bevor der Zugriff erfolgt sowie über deren jederzeitige Widerruflichkeit mit Wirkung für die Zukunft zu informieren.

Diese Anforderungen sind massiv, sie weichen in weiten Teilen auch von der bisherigen Rechtsprechungspraxis und dem Gesetzestext in Sachen Datenschutz ab. So war bislang in Bezug auf die Datenschutzerklärung weder ein aktives Einblenden unmittelbar beim Aufruf einer Internetseite, noch die Einholung eines datenschutzrechtlichen Opt-Ins gefordert worden. Vielmehr geht die absolut h.M. insoweit davon aus, dass die datenschutzrechtliche Einwilligung, anders als die wettbewerbsrechtliche, in Form eines sog. Opt-Out-Erklärung erfolgen könne. Nicht so das LG Düsseldorf. Es führt aus:

„Die Nutzung des Facebook-Plugins "Gefällt mir" auf der Webseite der Beklagten, ohne dass die Beklagte die Nutzer der Internetseite vor der Übermittlung deren IP-Adresse und Browserstring an G1 über diesen Umstand aufklärt, ist unlauter im Sinne des § 3a UWG i. V.m.  § 13 TMG. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 TMG hat der Betreiber eines Telemediendienstes den Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten sowie über die Verarbeitung seiner Daten in Staaten außerhalb des Anwendungsbereichs des EWR in allgemein verständlicher Form zu unterrichten. Dieser Pflicht ist die Beklagte hinsichtlich ihrer Internetseite in dem Stand, der der gerichtlichen Beurteilung unterliegt, nicht nachgekommen.

Anders als die wohl herrschende Literatur geht das LG Düsseldorf insoweit von einer Verantwortlichkeit des Webseitenbertreibers für den Like-Button im Sinne des Datenschutzrechts (§ 3 Abs. 7 BDSG) aus. Es handelt sich bei der Beklagten um die verantwortliche Stelle im Sinne des § 3 Abs. 7 BDSG. Verantwortliche Stelle ist hiernach jede Person oder Stelle, die personenbezogene Daten für sich selbst erhebt, verarbeitet oder nutzt oder dies durch Andere im Auftrag vornehmen lässt. Nach Auffassung der Düsseldorfer Richter sei, „der Begriff der Verantwortlichkeit weit zu verstehen“ und erfasse daher „jede Stelle, die personenbezogene Daten über Dritte erhebt, verarbeitet oder verarbeiten lässt. Dies sei bei den Webseitenbetreibern in Form des verschaffen von Daten „für Facebook“ gegeben. „Durch das Einbinden des Plugins ermöglicht sie die Datenerhebung und spätere Verwendung der Daten durch Facebook“, so das Gericht. Da der Webseitenbetreiber, durch „ein Entfernen des Buttons den Zugriff von vorneherein verhindern bzw. durch eine vorgeschaltete Abfrage bei den Nutzern, ob die Funktionalität aktiviert werden soll, den Zugriff auf die Daten und hierdurch deren Verwendung einschränken“ könne, handele derjenige, der dies nicht tue, als verantwortliche Stelle im Sinne des Datenschutzes. Die Integration des Plugins sei insoweit nicht nur Vorbereitungshandlung für den Erhebungsprozess, sondern nehme seinen Beginn damit, dass der Webseitenbetreiber über seinen Server einen HTML-Code aussenden lässt, der den Browser des Nutzers zur Mitteilung seiner Daten an Facebook veranlasst. Die Aussendung des HTML-Codes sei damit erster Teilakt des Abrufs des "Gefällt mir"-Buttons und der darin liegenden Funktionalität. Die Erhebung der Daten zu deren Verwendung finde damit im eigenen Tätigkeits-und Haftungsbereich des Webseitenbetreibers statt.

Dem jedoch nicht genug. Das Gericht fordert weiter eine aktive Einwilligungseinholung unmittelbar bei Aufruf des Webangebotes. Diese setze eine aktive Handlung des Nutzers, wie etwa das Setzen des Häkchens in einer Checkbox, voraus. Eine Einwilligung sei zudem nur zulässig, wenn sie auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruht. Weiter sei er auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung sowie ggf. auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung hinzuweisen (§ 4a Abs. 1 BDSG). Dies bedeute, dass eine Einwilligung freiwillig und informiert zu erfolgen habe. Die Einwilligung müsse der Datenverarbeitung vorangehen und darf nicht erst nachträglich eingeholt werden. Die Einwilligung wiederum verlange, dass der Nutzer über die Weitergabe seiner Daten vorher aktiv unterrichtet werde. Auch insoweit betritt das LG Düsseldorf Neuland und ist zu hoffen, dass die Entscheidung durch das OLG umgehend und zeitnah korrigiert wird. Denn, was für den Facebook-Plug-In gilt, gälte sonst allgemein für die nach § 13 TMG geforderten Datenschutzhinweise.  Dann jedoch müsste die Datenschutzerklärung einer Webseite stets beim Aufruf selbiger eingeblendet und aktiv vom Nutzer bestätigt werden. Woher das LG Düsseldorf diese Anforderung nimmt, bleibt auch bei mehrmaligem Studium der Urteilsgründe unklar.

Vor dem Hintergrund des fliegenden Gerichtsstandes bei Internethandlungen muss jeder Webseitenbetreiber aktuell mit einer Inanspruchnahme in Düsseldorf rechnen. Die Handhabung des Facebook-Like-Buttons sollte daher dringend überdacht und ggf. überarbeitet werden. Ansonsten drohen ggf. kostspielige Abmahnungen und Prozesse.

Dr. Robert Kazemi

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