LG Frankfurt a.M.: Keine Haftung eines Hotels für über den Hotelinternetzugang begangene Urheberrechtsverletzung
Ein Urteil des Landgerichts (LG) Frankfurt (Urteil vom 18. August 2010, 2-6 S 19/09) wird viele Hoteliers, aber auch Kaffeebesitzer freuen, die ihren Gästen als Service den kostenfreien Zugang zum Internet während ihres Aufenthaltes ermöglichen. Nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) die Haftungsvoraussetzungen für über das Internet begangene Urheberrechtsverletzungen in den sog. File-Sharing-Fällen zuletzt sehr großzügig gehandhabt hatte, war breitflächig über das Aus dieses Kundenservice-Modells diskutiert worden. Denn, nach Ansicht des BGH war hier die Gefahr groß, für Urheberrechtsverletzungen der Gäste als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden. Da bereits eine solche Inanspruchnahme unter Umständen mit erheblichem finanziellem Aufwand verbunden sein kann, waren Viele davon abgekommen, das kostenfreie Surfen weiterhin anzubieten.
Das Urteil des LG Frankfurt a.M. lässt hier jedoch zunächst aufatmen.
Der Fall:
Ein Hotelier war wegen einer über seinen Internetzugang (unstreitig) erfolgten Urheberrechtsverletzung seitens der Musikindustrie abgemahnt und auf Unterlassung in Anspruch genommen. Der Hotelier hatte seinen Gästen einen Internet-Zugang über ein drahtloses, unstreitig sicherheitsaktiviertes und verschlüsseltes Netzwerk angeboten und die Gäste zuvor auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften hingewiesen. Dennoch war es zu einem Upload eines Werkes gekommen, der (unstreitig) weder durch den Hotelier selbst noch durch dessen Angestellte erfolgte.
Die Entscheidung:
Das LG Frankfurt a.M. sieht eine Haftung des Hoteliers nicht als gegeben an. Die Abmahnung wegen einer vermeintlichen Urheberrechtsverletzung erfolgte zu Unrecht.
Eine Haftung des Hoteliers als Täter oder Teilnehmer kam schon deshalb nicht in Betracht, weil unstreitig weder er noch dessen Angestellten ein Werk des Klägers auf einem Computer zum Abruf durch andere Teilnehmer einer Tauschbörse bereitgestellt und damit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht noch solches unterstützt hatten.
Doch auch eine Haftung des Hoteliers als Störer kommt nach Ansicht des LG Frankfurt a.M. nicht in Betracht. Hinsichtlich seiner Gäste, denen er den Zugang zu dem verschlüsselten Funknetzwerk vermittelt hat, ergibt sich dies daraus, dass er diese zuvor auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben hingewiesen hat. Eine weitergehende Prüfungspflicht vor einer ersten Rechtsverletzung besteht für den Hotelier - unabhängig von der Frage, ob sein Geschäftsmodell durch die Auferlegung präventiver Prüfungspflichten nicht ohnehin gefährdet wäre (vgl. BGHZ 158, 236, 251f.) - auf Grund der Verschlüsselung nicht (BGH GRUR 2010, 633, 635; OLG Frankfurt am Main GRUR-RR 2008, 279ff.).
Hinsichtlich Dritter ergibt sich dies ebenfalls auf Grund der einseitig erfolgten marktüblichen Verschlüsselung des Funk-Netzwerkes mit dem dieses ausreichend (BGH GRUR 2010, 633, 635) gegen Urheberrechtsverletzungen durch Dritte gesichert war.
Bewertung:
Ein Betrieb (hier: Hotel) zu dessen Serviceleistungen es unproblematisch erkennbar gehört, Dritten (hier: Hotelgästen) den Zugang zum Internet via Funk-Netzwerk zu ermöglichen, haftet nicht automatisch als Störer. In einem solchen Fall ist vor der Abmahnung daher zunächst eine Berechtigungsanfrage zu stellen. Ob sich dann - mit Blick auf Art. 12 I GG - überhaupt eine Pflicht zur Einstellung des WLan-Betriebes ergibt, ist liest man die Urteilsgründe des LG Frankfurt a.M. jedenfalls nicht sicher.
Dr. Robert Kazemi