LG Hamburg: Unwirksame Rechteeinräumung in AGB gegenüber Fotografen ist wettbewerbswidrig
Ob und inwieweit das UWG eine lauterkeitsrechtliche Kontrolle der Verwendung unwirksamer AGB ermöglicht, war in der Vergangenheit strittig. Mit Inkrafttreten des neuen Gesetzes gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG) und seiner klaren Ausrichtung an den Vorgaben der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-Richtlinie) dürfte dieser Streit nunmehr endgültig zu Gunsten der wettbewerblichen Relevanz unwirksamer AGB-Bestimmungen entschieden sein, denn die Verwendung von AGB stellt eine geschäftliche Handlung i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar.
Verstöße gegen die §§ 307 ff. BGB, die die Wirksamkeit von AGB regeln, können daher als Verstöße gegen „beruflichen Sorgfaltspflichten" wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche nach sich ziehen.
Dies bestätigt nunmehr (offenbar) auch das LG Hamburg in einem unbegründeten Verfügungsbeschluss vom 15. Juli 2009 (Az: 312 O 411/09). In dem zu entscheidenden Fall hatte sich eine Verlagsgesellschaft gegenüber Fotographen in einer vorformulierten Erklärung nachfolgendes Rechte einräumen lassen:
„Der Verlag vergütet den Fotografen mit einem Pauschalhonorar (gegebenenfalls zuzüglich Mehrwertsteuer), welches je Auftrag gesondert vereinbart wird und mit dem sämtliche vertraglich vereinbarten Leistungen, Pflichten und Rechtsübertragungen abgegolten sind. ...Mit der Zahlung des Honorars sind außerdem sämtliche gegenwärtigen Rechte und zukünftigen verwandten Schutzrechte des Verlages, insbesondere die Übertragung sämtlicher Nutzungsrechte durch den Verlag und sämtliche Nutzungen der Werke des Fotografen unabhängig davon, ob durch den Verlag selbst, durch seine Gesellschafter, durch verbundene Unternehmen oder durch Dritte abgegolten. Zwischen den Vertragsparteien besteht Einvernehmen, dass bei der Abgeltung der Rechte durch das Honorar auch berücksichtigt wurde, dass das Renommee bzw. die Marke/der Titel des Objektes als zentraler Wertbildungsfaktor für die Vermarktbarkeit der Werke bedeutsam ist. Das Renommee kommt dabei auch dem Urheber zu Gute und wurde bei der Festlegung der Vergütung angemessen berücksichtigt."
Das LG Hamburg untersagte nun einstweilen die Verwendung dieser AGB-Klausel.
Bewertung:
Obwohl vom LG nicht näher ausgeführt, ist davon auszugehen, dass das Gericht in den AGB eine unangemessene Benachteiligung der Urheber (Fotografen) im Sinne des § 307 BGB gegenüber der Verlagsgesellschaft gesehen hat. Dies liegt insofern nahe, als dass nach der sog. Zweckübertragungstheorie grundsätzlich nur diejenigen Nutzungsarten übertragen werden sollen, die nach dem Zweck der Rechteeinräumung notwendig sind. Damit soll der Schutz des Urhebers vor einer Ausbeutung seiner Rechte gewährleistet werden.
Pauschale Klauseln - wie die streitgegenständliche - werden dementsprechend häufig wegen Verstoßes gegen die gesetzlichen Vorschriften über allgemeine Geschäftsbedingungen unwirksam sein. Darüber hinaus besteht die Gefahr der Sittenwidrigkeit derartiger Klauseln. Die Formulierung allgemeiner Nutzungsrechtevereinbarungen stellt damit stets eine Gradwanderung dar; abzuraten ist jedenfalls von allzu pauschalen Nutzungsrechteeinräumungen, die jeglichen Zusammenhang mit den derzeitigen und denkbaren künftigen Aktivitäten vermissen lassen.
Aus dem Beschluss des LG Hamburg lässt sich jedoch auch über das Urheberrecht hinaus ein wichtiger Schluss ziehen. Die Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen stellt grundsätzlich eine wettbewerbsrelevante geschäftliche Handlung dar. Jeder Unternehmer, der AGB verwendet oder sie beispielsweise im Internet vorhält, sollte seine Geschäftsbedingungen daher regelmäßig auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüfen lassen. Sonst droht, dies zeigt der Fall des LG Hamburgs (Streitwert: 100.00,00 €!) die kostenpflichtige Abmahnung.
Dr. Robert Kazemi