30
Mai 2011

LG Mönchengladbach: Kein Sonntags-Shopping für VIP-Kunden

Das geltende Recht betreffend die gesetzlich vorgeschriebenen Ladenöffnungszeiten ist vielen Unternehmen ein Dorn im Auge. Mögen die Beschränkungen hier auch in den vergangenen Jahren von Bundesland zu Bundesland verschieden liberalisiert worden sein, gilt doch - mit wenigen Ausnahmen - zumindest der Sonntag nach wie vor als unumstößlicher Ruhetag, der - wenn überhaupt - nur vereinzelt an durch die Behörden festzulegenden Tagen, gebrochen werden kann.

Findige Unternehmer suchen daher nach Lücken im Gesetz. Ein Möbelhaus in Mönchengladbach dachte diese in § 4 LOG NRW gefunden zu haben, der lediglich den sonntäglichen Verkauf an „jedermann" untersagt, und bot VIP-Kunden, Sonntagsshoppen zum Vorzugspreis.

Der Fall:

Das Möbelhaus warb für einen sogenannten "exklusiven V.I.P.-Sonntag" in seinem Kundenbrief. Hier hieß es u.a.:

"Am 30. Januar 2011 geöffnet - Nur für V.I.P.-Kunden

Sehr geehrte Damen und Herren,

am Sonntag, 30. Januar 2011, öffnet unser Einrichtungshaus in Mönchengladbach  und auch der Kult-Möbelmarkt xxx exklusiv für einen ausgewählten Kundenkreis seine Türen.

Stöbern Sie nach Lust und Laune durch unsere traumhaften Wohnwelten, sehen Sie Trends und Neuheiten und entdecken Sie unsere aktuellen Einrichtungs-, Deko- und Geschenkideen.

Und das Beste daran: Nur an diesem Sonntag, von 1.00 bis 18.00 Uhr, genießen Sie bei Vorlage der Rabattcoupons sensationelle Rabatte und exklusive V.I.P.-Vorteile.

Der Eintritt am V.I.P. Sonntag ist nur mit dieser persönlichen Einladung möglich.

Bitte bringen Sie unbedingt dieses Schreiben und Ihren Lichtbildausweis mit!"

Die Entscheidung:

Die zugegeben findige Idee, stieß auf wenig Gegenliebe bei einem Wettbewerbsverband, der hierin einen Verstoß gegen das geltende Ladenöffnungszeitenrecht sah. Diese Ansicht teilt nun auch das Landgericht (LG) Mönchengladbach (Urt. v. 18.04.2011, 8 O 8/11).

Nach § 4 LOG NRW ist ein sonntäglicher Verkauf nur dann ausgeschlossen, wenn zwischen dem Betreiber des Geschäftslokals und seinen Kunden eine gerechtfertigte, nicht willkürliche Eingrenzung auf einen bestimmten und individualisierbaren Personenkreis als Abnehmer stattfindet.  Allerdings ist nicht jede, auch willkürliche, persönliche Beschränkung des Käuferkreises geeignet, eine Befreiung von den Vorschriften des Ladenöffnungsgesetzes zu bewirken. Wählt nämlich der Inhaber eines Geschäftslokals ohne eine solche Beziehung bestimmte Gruppen von Verbrauchern aus, um diese jederzeit ohne Rücksicht auf die Ladenschlusszeiten zu bedienen, so ist der Anwendungsbereich des Ladenöffnungsgesetzes betroffen.

Denn ein Geschäftsinhaber kann nicht von sich aus willentlich darüber befinden, welche Personenkreise er außerhalb der Ladenschlusszeiten bedienen will, da dies zu einer Aushöhlung des Ladenschlussgesetzes führen würde. Käme es nur auf die Auswahl schon bestehender, hinreichend genauer abgrenzbarer Personengemeinschaften an, um geltend machen zu können, dass man nicht mehr an jedermann verkaufe und insoweit von dem Ladenschlussgebot befreit sei, könnte jeder Geschäftsinhaber wahllos diejenigen Verbände, Vereine oder sonstigen Organisationen oder Käufergruppen (etwa verschiedene Berufsgruppen an unterschiedliche Wochentagen) aussuchen, deren Mitglieder er sich als Einkäufer außerhalb der allgemeinen Ladenschlusszeiten wünscht. Damit würde der Schutz der Bestimmungen über die Ladenschlusszeiten vollständig unterlaufen.

So liegt der Fall hier:

Abgesehen davon, dass die Verfügungsbeklagte weder in dem Kundenschreiben noch im Rechtsstreit darlegt, wie sie den Begriff "V.I.P.-Kunden" definiert, handelt es sich bei der Differenzierung zwischen V.I.P.-Kunden und sonstigen Kunden nicht um ein geeignetes durch eine sachliche Beziehung zum Unternehmen gerechtfertigtes Kriterium, dass die Verfügungsbeklagte von der Einhaltung der Vorschriften des LÖG NRW befreien könnte. Es fehlt an sachbezogenen Abgrenzungskriterien, die es ermöglichen würden, die Gruppe von anderen Gruppen sachbezogen zu unterscheiden. Die "V.I.P.-Kunden" bilden offensichtlich keine homogene Gruppe, die mit dem Unternehmen der Verfügungsbeklagten in irgendeiner Weise näher verbunden wären. Auch sind die Angehörigen des Adressatenkreises offensichtlich durch nichts miteinander verbunden als den Umstand, bei der Verfügungsbeklagten etwas gekauft zu haben. Dies genügt nicht, um eine Befreiung von den allgemeinen Ladenöffnungszeiten zu.

Bewertung:

Der sonntägliche Verkauf ist grundsätzlich untersagt. Wer hier eine Lücke sucht, muss schon etwas kreativer an die Sache herangehen. Dennoch, das aktuelle Urteil aus Mönchengladbach zeigt eine klare Tendenz hin zu mehr Marktfreiheit, gerade in grenznahen Gebieten. So ist in den Niederlanden der sonntägliche Verkauf ohne Einschränkungen zulässig. Die zahlreichen Autos mit deutschen Kennzeichen, hinter der Grenze zeigen ein deutliches Interesse an diesem Angebotsspektrum. Es sollte daher langfristig durchaus über eine Lockerung auch des Sonntags-Verkaufs-Verbotes nachgedacht werden.

Dr. Robert Kazemi

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