10
Jul 2013

LG München I: Moralvorstellung obsiegt über das Urheberrecht - Kein Urheberschutz für Pornofilm

Man mag über die Filmlandschaft streiten und auch das ein oder andere Genre für unnötig halten. Dennoch sind die Richter am Landgericht München I (Beschluss vom 29. Mai 2013, Az. 7 O 22293/12) nunmehr etwas über das Ziel hinausgeschossen und versagten einem Pornofilmproduzenten urheberrechtlichen Schutz für den von ihm produzierten Film. In den Entscheidungsgründen des Landgerichts heißt es hierzu:

„der 7 Minuten und 43 Sekunden lange Film [zeigt] lediglich sexuelle Vorgänge in primitiver Weise (vgl. Schriftsatz vom 28.12.2012 S. 14 = Bl. 38; Fotostrecke gem. Anlage BF6; DVD gem. Anlage BF5). Hierfür kann kein Schutz als Filmwerk (§ 94 UrhG) beansprucht werden: Es fehlt offensichtlich an einer persönlichen geistigen Schöpfung (§ 2 Abs. 2 UrhG)."

Hier siegt die Moral vor dem Recht. Der vordergründige Kampf um die Moral weckt Emotionen und führte offensichtlich zur Entscheidungsfindung des Gerichts. Emotionen sind in der juristischen Auseinandersetzung jedoch in aller Regel nicht förderlich; sie lenken ab von den eigentlichen juristischen Hintergründen und verleiten oft zu Entscheidungen, die von Recht und Gesetz nicht getragen werden. Fest steht, das Urheberrecht ist nicht auf die Hochkultur beschränkt, sondern schütz grundsätzlich auch die „kleine Münze". Warum dies bei einem Pornofilm nicht der Fall sein soll, erschließt sich aus den Urteilsgründen nicht. Offenbar hat das LG München den Film auch nicht in „Augenschein" genommen, sondern verweist auf die Ausführungen der Gegenseite. Es hätte jedoch feststellen müssen, ob sich Gestaltung oder Darstellung der pikanten Szenen tatsächlich „aus der Natur der Sache ergeben" oder durch „Gesetze der Zweckmäßigkeit oder der Logik" oder durch - „auch technische" - Notwendigkeiten vorgegeben sind und deshalb ein „individuelles Schaffen" nicht möglich ist. Da Werke, die an der untersten Grenze der Schutzfähigkeit liegen, noch als geschützte geistige Schöpfungen angesehen werden, erscheint das Urteil im Ergebnis als verfehlt.

Dr. Robert Kazemi

Zurück