11
Jul 2011

Neue Erotik-Top-Level-Domain „.xxx“ verspricht Ärger für Markeninhaber – wer nicht reagiert könnte Schaden nehmen

Lange Jahre war um die Einführung neuer sog. Top-Level-Domains (TLDs) gefeilscht und gestritten worden. Die bisher verfügbaren TLDs waren als nicht ausreichend empfunden worden, auch weil in den großen TLDs wie „.com" oder „.de" zahlreiche Domainnamen (Second-Level-Domains) bereits vergeben waren. Unter dem 20. Juni 2011 war es dann schließlich soweit: Die für die internationale Vergabe von TLDs zuständige Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) hat eine der umfangreichsten Neuerungen in der Internetgeschichte verabschiedet und den bisher beschränkten Raum von TLDs in faktisch unbegrenztem Umfang geöffnet. Zukünftig werden daher Domainendungen wie „.bmw" oder „.faz" möglich sein. So schön diese Entwicklung für Großkonzerne und Inhaber großer Marken sein mag, so viele Schattenseiten hat die Öffnung für Marken-, Namens- und Firmeninhaber kleinerer und mittlerer Unternehmen. Denn, neben der Öffnung der TLDs für große Unternehmen, öffnet sich auch die über lange Jahre geforderte Domain „.xxx" für erotische Dienstleistungen aller Art. Für diese Branche ein Meilenstein, wird doch die Domain „sex.com" als eine der teuersten Domains der Welt gehandelt. Im Bereich der Erotik ist - vor allem über das Internet - viel Geld zu verdienen, diesem Ansinnen und den hieraus erwachsenden Bedürfnissen dient die neue TLD „.xxx". Schön für die Erotik Industrie, doch was mach Zahnarzt-Müller, der bislang unter der Domain „zahnartz-müller.de" im Internet präsent war, wenn ein Dritter die Domain „zahnarzt-müller.xxx" registriert. Patienten könnten fehlgeleitet werden, der Ruf könnte Schaden nehmen. Oder der Markeninhaber, der beispielsweise „zora" als Marke geschützt und eine entsprechende .de-Domain registriert hat; will er seine Marke künftig neben einer Domain zora.xxx im Internet positionieren? Sicherlich nicht. Dennoch, auch die Registrierung der .xxx-Domains erfolgt nach dem bekannten „first come first serve"-Prinzip. Sind Marken-, Namens- und Firmeninhaber jetzt also gezwungen, hastig auch die mit ihrem Namen, ihrer Marke oder Firmenbezeichnung gleichnamige .xxx-Domain zu registrieren? Auch keine schöne Vorstellung, denn die Domaininhaber können über den sog. whois einfach abgerufen werden. Dies könnte wiederum zu Verwirrungen führen, denn es könnte ja ohne weiteres der Eindruck erweckt werden, der Inhaber der .xxx-Domain plane tatsächlich den Einstieg in das erotische Geschäft. Auch eine Weiterleitung von einer .xxx-Domain auf die „normale" Internetpräsens kann für Verwunderung beim Besucher sorgen. Die Registrierung erscheint hier also nicht unbedingt die richtige Wahl. Dennoch gilt es seine Kennzeichenrechte frühzeitig und effektiv zu sichern? Aber wie?

Auch die ICANN sah dieses Problem und verhandelte mit den neuen Registraren der .xxx-Domains eine besondere Schutzvorkehrung. Im Rahmen einer sog. sunrise-period von 30 Tagen haben Markeninhaber ab dem 07.09.2011 das Recht, ihre Markennamen auf Dauer für die Registrierung unter der TLD „.xxx" zu sperren. Voraussichtlich erfolgt die Sperrung für einen Zeitraum vom 10 Jahren und muss dann verlängert werden. Für die Sperrung sollen Gebühren zwischen 200 und 300 US-Dollar anfallen.

Diese Möglichkeit steht nur denjenigen Markeninhabern offen, die über eine eingetragene (Register)Marke verfügen. Für die Sperrung sind einige Voraussetzungen zu erfüllen, neben der Eintragung und der aktiven Benutzung der Marke, muss die Marke vor Eröffnung der Sunrise-Period registriert worden sein und der zu sperrende Domainname muss mit der eingetragenen Marke identisch sein. Dies ist vor allem für Tippfehler-Domains von Bedeutung.

Markeninhabern ist dringend anzuraten, den Termin nicht zu verpassen. Vor allem wer über kurze, knackige Markennamen verfügt, riskiert hier sonst in langjährige rechtliche Auseinandersetzungen zu geraten, die sich durch eine Sperrung der Domain einfach vermeiden lassen. Auch diejenigen, die Ihre Kennzeichen bislang nicht registerrechtlich haben schützen lassen, sollten dringend über eine Registrierung nachdenken. Hier kann u.U. die Registrierung in einem anderen Land weiter helfen, die vielleicht schneller von statten geht. Auch eine deutsche Markeneintragung vollzieht sich in aller Regel schnell. Dennoch, die Zeit läuft auch hier.

Wer Hilfe benötigt sollte sich in jedem Fall mit einem auf das Markenrecht spezialisierten Rechtsanwalt in Verbindung setzen.

Dr. Robert Kazemi

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