OLG Hamburg: Zur Reichweite des „insbesondere-Zusatzes“ in Unterlassungsanträgen
In einem kürzlich veröffentlichtem Beschluss (OLG Hamburg, Beschluss vom 28.04.2010, 5 W 36/10) hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg zur Reichweite und Bedeutung des in Unterlassungsanträgen (in Wettbewerbssachen) oftmals verwendeten „insbesondere-Zusatz" geäußert.
Antragsteller (wettbewerbsrechtlicher) Unterlassungsbegehren greifen oftmals dazu Ihren Antrag nicht nur auf eine konkrete Verletzungsform zu beschränken, sondern ihre Anträge zunächst „allgemeiner" zu formulieren und sodann die inkriminierte Handlung durch einen sog. „insbesondere-Zusatz" zu konkretisieren. In dem vom OLG Hamburg zu beurteilenden Fall hatte die Antragstellerin in erster Instanz einen verallgemeinerten Anspruchsteil ("Im geschäftlichen Verkehr das Zeichen „W.S." für Computerspielsoftware für elektronische Spielkonsolen zu benutzen") verfolgt und diesem einen "insbesondere"-Zusatz angefügt ("insbesondere in folgender Form: <Es folgt eine Abbildung>"). Das erkennende Landgericht (LG) hatte dem Antrag nur im verallgemeinertem Anspruchsteil stattgegeben und die Klage hinsichtlich des „insbesondere-Zusatzes" zurückgewiesen. Für den zurückgewiesenen Teil hatte des LG der Antragstellerin gem. § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Hiergegen wandte sich die Antragstellerin mit dem Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde.
Obwohl die Antragstellerin auch vor dem OLG letztlich erfolglos geblieben ist, sind die Ausführungen des Senates mit Blick auf die Bedeutung des „insbesondere-Zusatzes" interessant.
Das OLG führt aus, dass für eine Antragstellung in dieser Gestalt allgemein anerkannt sei, dass der Umfang des begehrten Verbots (allein) durch den verallgemeinerten Teil bestimmt wird und der „insbesondere"-Zusatz (lediglich) auf die konkrete Verletzungsform verweise, um an deren Beispiel zu verdeutlichen, wie der verallgemeinerte Antrag zu verstehen ist, insbesondere um die dort formulierten Charakteristika der konkreten Verletzungsform zu erläutern. Zum andern solle damit zugleich zum Ausdruck gebracht werden, dass als Minus wenigstens ein Verbot entsprechend dem "insbesondere" - Zusatz erstrebt wird. In dem Zusatz sei demnach vor allem eine Auslegungshilfe zu sehen, dagegen keine Einschränkung oder Erweiterung des Antrages. Hieraus ergäbe sich, dass der "insbesondere" - Zusatz keinen eigenständigen Streitgegenstand bildet, sondern regelmäßig bereits vollständig von dem zuvor formulierten verallgemeinerten Antrag umfasst sei. Würde ein derartiger Zusatz erst nachträglich eingeführt oder wieder gestrichen oder würde er verändert, so läge darin auch keine Klageänderung in Form einer Klageerweiterung bzw. keine teilweise Klagerücknahme.
Indem das LG den verallgemeinerten Antrag ("Im geschäftlichen Verkehr das Zeichen „W.S." für Computerspielsoftware für elektronische Spielkonsolen zu benutzen") vollständig - ohne den "insbesondere"-Zusatz - zugesprochen hat, ist über den Streitgegenstand nach dem Antragsbegehren der Antragstellerin auch vollständig entschieden worden. Für eine von dem Landgericht gleichwohl vorgenommene teilweise Zurückweisung eines Antragsteils bestand daher kein Raum, denn dieser Antragsteil verkörperte keinen eigenständigen Streitgegenstand und konnte deshalb auch nicht formell gesondert zurückgewiesen werden. Er war vielmehr Bestandteil des - zugesprochenen - verallgemeinerten Antragsteils und von diesem umfasst.
Der Umstand allein, dass das Landgericht gleichwohl (zu Unrecht) "formell" einen Teil des gestellten Antrags wie einen (tatsächlich aber nicht bestehenden) eigenständigen Streitgegenstand zurückgewiesen hat, führt nicht zugleich dazu, dass sich hieraus auch eine „formelle Beschwer" im Rechtssinne ergibt. Diese orientiert sich allein an dem Streitgegenstand des Antragsbegehrens. Die gleichwohl eingelegte Beschwerde war deshalb dennoch unzulässig.
Dr. Robert Kazemi