25
Apr 2016

OLG Hamm: Amalgam-Versorgung ist grundsätzlich unbedenklich

„Die Verarbeitung von reinem Quecksilber und der hohe Quecksilbergehalt (etwa 50 %) haben bereits sehr früh eine Diskussion über mögliche Gesundheitsgefährdungen bewirkt, die von der Verwendung von Amalgam als Füllungsmaterial ausgehen könnten. Bereits 1833 brach in den USA nach der forcierten Einführung von Amalgam als Füllmaterial der sogenannte „Amalgamkrieg“ aus, der zu einem zeitweiligen Verbot des Amalgams als Füllmaterial führte. In Deutschland flammte eine ähnliche Diskussion in den 1920er Jahren auf […]“. Diese Schilderung findet sich bei Wikipedia unter dem Stichwort „Amalgamfüllung“.

Die Darstellung gibt im Wesentlichen das laienhafte Verständnis von dieser Versorgungsform wieder. Klar also, dass in der Bevölkerung grundsätzliche Bedenken gegen die Versorgung mit Amalgam bestehen und viele Patientinnen und Patienten dazu übergehen, vorhandene Amalgamfüllungen durch andere Füllstoffe zu ersetzen. „Ein Zusammenhang [von Amalgamfüllungen] mit ernsten Gesundheitsbeschwerden konnte [indes bislang wohl] nicht belegt werden. Eine Quecksilberbelastung ist minimal gegeben, jedoch im nicht messbaren Bereich.“ (Quelle: Wikipedia) Ist die Verwendung von Amalgam in der zahnärztlichen Behandlung also weiterhin de lege artis zulässig? Das OLG Hamm sagt hierzu grundsätzlich JA!

In einer aktuellen Pressemitteilung des Gerichts vom 04.04.2016 heißt es:

„Die Verwendung von Amalgam bei Zahnfüllungen ist grundsätzlich unbedenklich. Das hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 04.03.2016 entschieden […]“ (OLG Hamm, Urt. v. 04.03.2016, 26 U 16/15).

„Die im Jahre 1959 geborene Klägerin […] ließ sich in den Jahren 1987 bis 2009 von der beklagten Zahnärztin […] behandeln. Seit ihrer Kindheit hatte die Klägerin diverse Amalgamfüllungen. Von der Beklagten ließ sie sich weitere Amalgamfüllungen einsetzen, die sie nach Behandlungsende durch einen anderen Zahnarzt entfernt wurden. Die Klägerin hat gemeint, die Beklagte habe bei der Behandlung fehlerhaft Amalgam, auch gemeinsam mit weiteren Metallen, insbesondere Gold, verwendet. Das Vorliegen einer Amalgamallergie habe sie bei ihr, der Klägerin, nicht erkannt. Infolgedessen hätten ihr zwei Zähne gezogen werden müssen, zudem habe sie weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten. Von der Beklagten hat die Klägerin deswegen Schadensersatz begehrt, unter anderem 12.000 Euro Schmerzensgeld.

Die Schadensersatzklage der Klägerin ist erfolglos geblieben. Der zahnmedizinisch sachverständig beratene 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm konnte weder eine fehlerhafte Behandlung noch eine fehlerhafte Aufklärung der Klägerin durch die Beklagte feststellen. Die Verwendung von Amalgam sei, so der Senat dem Sachverständigen folgend, grundsätzlich unbedenklich. Das gelte zum einen bei der Verwendung von Amalgam bei Zahnfüllungen. Die Oberfläche von den hier verwandten Silberamalgamen werde beim Kontakt mit Speichel mit einem Niederschlag überzogen, der weitere elektrochemische Reaktionen verhindere. Unbedenklich sei auch der Verbleib von Amalgamresten bei dem Aufbau von neuen Goldkronen. Durch den zur Befestigung einer Krone notwendigen Zement werde die notwendige Isolierung zwischen Gold und Amalgam geschaffen. Eine bei einem Patienten grundsätzlich denkbare Amalgamallergie sei bei der Klägerin nicht feststellbar. Das zeige schon der Zeitablauf. Massive gesundheitliche Beeinträchtigungen habe die Klägerin erst ab Ende des Jahres 2001 geschildert, viele Jahre nach der Ersteinbringung von Amalgam. Zudem habe die Klägerin keine Symptome einer allergischen Reaktion gezeigt, nachdem sie Amalgamfüllungen erhalten habe. Ein Zusammenhang zwischen den von der Klägerin geschilderten weiteren Beschwerden und einer Belastung mit Amalgam habe der Sachverständige ebenfalls nicht feststellen können. […]“

Zahnärzte, die mit ähnlichen Anliegen von Patienten konfrontiert werden, können also grundsätzlich aufatmen. Solange und soweit keine Anzeichen für eine Unverträglichkeit des Patienten gegeben waren, konnte Amalgam für Zahnfüllungen verwendet werden.

Juliane Kazemi

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