OLG Hamm: Fehlende Angabe der Umsatzsteueridentifikationsnummer als erheblicher Wettbewerbsverstoß
In einem Urteil vom 02.04.2009 (4 U 213/08) hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Hamm mit der Frage beschäftigt, ob die fehlende Angabe der Umsatzsteueridentifikationsnummer im Impressum eines Internetangebotes einen erheblichen und damit von Mitbewerbern abmahnbaren Wettbewerbsverstoß im Sinne des § 3 UWG darstellt.
Die Klägerin nahm die Beklagte auf Zahlung vorgerichtlicher Abmahnkosten in Höhe von 755,80 € in Anspruch. Zuvor hatte sie die Beklagte, die ihre Waren im Internet anbot, wegen unterlassener Angaben des Handelsregisters nebst zugehöriger Nummer und einer Umsatzsteueridentitätsnummer nach dem UStG wegen Verstoßes gegen § 5 TMG und §§ 312 c BGB, 1 Info-VO abgemahnt. Die Klägerin berechnet hierfür ausgehend von einem Gegenstandswert von 15.000,- € Abmahnkosten in Höhe von netto 755,88 €.
Die Beklagte, die den Verstoß gegen die Verpflichtungen zur Angabe ihrer Umsatzsteueridentitätsnummer gem. § 5 TMG dem Grunde nach anerkannt und auch eine entsprechende strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat, sieht sich zur Zahlung der Abmahnkosten nicht verpflichtet, da es sich bei den fehlenden Angaben lediglich um Bagatellverstöße im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG gehandelt habe, die ein wettbewerbswidriges Verhalten und damit auch Kostenerstattungsansprüche der Klägerin nicht begründen könnten.
Dem ist das OLG Hamm - wie im Übrigen auch das zuvor mit der Sache befasste LG Münster - nunmehr entgegengetreten und verurteilte die Beklagte zur Zahlung der geltend gemachten Abmahnkosten.
Hinsichtlich der fehlenden Handelsregisternummer (§ 5 I Nr. 4 TMG) könne von einer Unwesentlichkeit zweifelsohne nicht ausgegangen werden. Die Angabe der Handelsregisternummer diene einerseits der Identifizierung des Anbieters und andererseits einer Art Existenznachweis. Wer im Handelsregister eingetragen ist, existiert zumindest formell und ist nicht nur ein Phantasiegebilde. Außerdem ergeben sich hieraus die gesellschaftsrechtlichen Haftungsgrundlagen. Diese Umstände seien für den Verbraucher, der den Anbieter nötigenfalls in Anspruch nehmen und verklagen will, von überaus großer Bedeutung, weswegen allein die Möglichkeit der Kontaktierung durch die Angabe des Namens und der Adressdaten keinesfalls ausreiche. Das völlige Fehlen der Angabe des Handelsregisters und der Registernummer könne daher jedenfalls seit Inkrafttreten der UGP-Richtlinie nicht mehr als eine wettbewerbsrechtliche Bagatelle angesehen werden.
Gleiches gelte jedoch auch für die Umsatzsteueridentifikationsnummer. Zwar diene die Angabe dieser Identifikationsnummern weniger dem Kunden- bzw. Verbraucherschutz als vielmehr dem Fiskus dient, doch könne sich das Gericht als Rechtsprechungsorgan nicht erheben und abweichend von den europarechtlichen Vorgaben nunmehr aus eigener Machtvollkommenheit entscheiden, dass die geforderten Angaben deswegen - entgegen den europäischen Vorgaben - nun doch unwesentlich und von daher nicht zu ahnden seien.
Bewertung:
Die Entscheidung des OLG Hamm überzeugt in Bezug auf die Umsatzsteueridentifikationsnummer nicht. Das durch das OLG Hamm selbst erkannte, allein staatliche, Interesse an dieser Angabe, kann im Rahmen des Wettbewerbsprozesses nicht unbeachtet bleiben. Hier geht es um die Rechtswahrnehmung im Sinne der Marktteilnehmer, einen solchen stellt der Staat aber gerade nicht dar. Ihm verbleiben für die Wahrnehmung seiner Rechte vielmehr die in § 16 TMG vorgesehenen Bußgeldtatbestände. Wenn das OLG Hamm dementsprechend staatstragend formuliert, es „könne sich als Rechtsprechungsorgan nicht erheben und abweichend von den europarechtlichen Vorgaben nunmehr aus eigener Machtvollkommenheit entscheiden", so verkennt es den Sinn und Zweck des UWG und der europarechtlichen Vorgaben. Hier muss entscheidend bleiben, ob sich ein Gesetzesverstoß zu einem nennenswerten oder ersichtlichen Wettbewerbsvorteil zum Nachteil anderer Markteilnehmer führen kann, dies sehe ich bei der fehlenden Angabe der Umsatzsteueridentifikationsnummer aber gerade nicht.
Die Entscheidung verdeutlicht, auch wenn sie nach hiesiger Ansicht nicht überzeugt - die Relevanz der Befolgung der peinlich genauen Befolgung der Bestimmungen zur Impressumspflicht im Sinne des TMG. Es ist davon auszugehen, dass die Entscheidung findige Abmahnanwälte und ihre Mandanten zu einer Reihe weiterer Abmahnung bewegen wird, die - jedenfalls im Gerichtsbezirk des OLG Hamm - auch Erfolg versprechen. Jeder der über ein Internetportal verfügt, sollte sein Impressum dementsprechend noch einmal kritisch überprüfen oder fachmännisch überprüfen lassen.
Dr. Robert Kazemi