OLG Hamm: Fußpfleger ist nicht gleich Fußpfleger – Zur Berechtigung der Bezeichnung als „Praxis für medizinische Fußpflege“
Fußpflege, ein Bereich der offensichtlich boomt. Immer mehr Dienstleister drängen hier auf den Markt. Doch Fußpflege ist nicht gleich Fußpflege. Wie so oft in der Bundesrepublik ist hier im Interesse der Gesundheit des Beworbenen zu unterscheiden, und zwar zwischen der kosmetischen Fußpflege und der medizinischen Fußpflege (Podologie). Die kosmetische „Abteilung" kümmert sich um pflegerische und dekorative Maßnahme am gesunden Fuß, während die medizinische „Abteilung" neben präventiven, therapeutischen und rehabilitativen Behandlungen am gesunden Fuß auch Schädigungen am bedrohten und/oder bereits geschädigtem Fuß vornimmt.
Wer die Berufsbezeichnung „Podologin", „Podologe", „medizinische Fußpflegerin", „medizinischer Fußpfleger" führen will, muss im Besitz einer Erlaubnis nach § 1 Podologengesetz (PodG) oder einer Berechtigung oder staatlichen Anerkennung nach § 10 Abs. 1 PodG sein. Diese Erlaubnis muss bei der zuständigen Behörde beantragt werden. Hierzu bedarf es des erforglreichen Abschlusses der nach dem PodG vorgeschriebenen Ausbildung.
Das PodG gestattet die Führung der Bezeichnung „Podologin", „Podologe", „medizinische Fußpflegerin", „medizinischer Fußpfleger" nur den Personen, die vorgenannte Voraussetzungen erfüllen. Ob diese Restriktion auch verbietet die Bezeichnung „Praxis für medizinische Fußpflege" zu führen war Gegenstand einer aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm (Urteil vom 03.02.2011, Az. I-4 U 160/10).
Zum Sachverhalt:
Die Beklagte ist als Fußpflegerin tätig. In eine Zeitungsanzeige warb sie mit der Aussage "Praxis für medizinische Fußpflege". Bei der Beklagten handelt es sich jedoch nicht um eine Podologin; sie übt vielmehr lediglich das Gewerbe der kosmetischen Fußpflege aus. Eine staatlich anerkannte Podologin sah in der Werbung eine Irreführungsgefahr begründet und nahm die Beklagte daraufhin auf Unterlassung in Anspruch.
Die Entscheidung:
Während das Landgericht (LG) Münster die Klage noch abgewiesen hatte, war die Podologin vor dem OLG Hamm nunmehr erfolgreich. Nach Ansicht der Richter liegt eine irreführende Werbung gemäß §§ 8 Abs. 1, 3, 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UWG vor.
Denn, nach Ansicht des OLG, weiß ein nicht unerheblicher Teil dieser Personen, dass es auf dem Gebiet der Fußpflege erhebliche Unterschiede gibt und dass mit dem "Podologen" / "medizinischen Fußpfleger" ein Ausbildungsberuf geschaffen wurde, der sich einer qualifizierten medizinischen Fußpflege widmen soll. Insoweit hat er nämlich von den auf dem Markt kursierenden unterschiedlichen Bezeichnungen "Podologe", "medizinischer Fußpfleger", "kosmetischer Fußpfleger" oder schlicht "Fußpfleger" Kenntnis erlangt.
Die maßgeblichen Verkehrskreise, die das Berufsbild und die Aufgaben der Podologen und medizinischen Fußpfleger kennen, nehmen in einem erheblichen Anteil an, dass die von der Beklagten in ihrer Praxisbezeichnung ausschließlich und ohne Einschränkung erwähnte "medizinische Fußpflege" auch von einem "medizinischen Fußpfleger" der bekannten Art ausgeübt wird.
Diese Vorstellung ist aber unrichtig. Die Beklagte ist keine Podologin und hat auch die Zusatzausbildung nicht durchgeführt. Sie darf sich nicht "medizinische Fußpflegerin" nennen.
Bewertung:
Die Entscheidung des OLG Hamm ist folgerichtig. Sie verdeutlicht einmal mehr die Anforderungen an Werbung und macht deutlich, dass diese stets den Empfängerhorizont beachten muss. Unter Berücksichtigung dieses Empfängerhorizontes ist zu beurteilen, ob die Werbeaussage falsch verstanden werden kann, ist dies der Fall, so ist die Aussage in aller Regel irreführend.
Dr. Robert Kazemi