27
Okt 2010

OLG Oldenburg: Kennzeichnung eines als Mietwagen eingesetzten KFZ als „Jahreswagen“

Das Geschäft mit jungen gebrauchten boomt, trotz Abwrackprämie. Der Kampf um die Kunden wird dabei in der Regel mit harten Werbemaßnahmen ausgefochten. Wie ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg zeigt, sollte man dabei jedoch immer auch die Bestimmungen des Wettbewerbsrechts im Auge haben, damit aus einer Werbeaktion nicht eine finanzielle Falle wird (OLG Oldenburg, Urteil vom 16. September 2010, Az: 1 U 75/10).

Der Fall:

Die Beklagte, die mit Fahrzeugen, insbesondere Jahreswagen, handelt, bot am 25.1.2010 auf der Internetplattform www.... in der Kategorie "Jahreswagen" einen Pkw F... 1,6 TI-VCD Trend zum Preis von 15.490 € an. Im Angebotstext wurde das Fahrzeug als "Jahreswagen (1 Vorbesitzer)" beschrieben. Tatsächlich handelte es sich um einen Pkw mit einer Laufleistung von 20.800 km, der in einer gewerblich genutzten Fahrzeugflotte als Mietwagen eingesetzt worden war. Ein Konkurrent empfand den fehlenden Hinweis auf die Mietwagennutzung als irreführend und mahnte den Händler daraufhin ab. Das OLG Oldenburg gab ihm nunmehr Recht.

Die Entscheidung:

Die hier vom Kläger beanstandete Internetwerbung des Beklagten war irreführend i.S.d. § 5 UWG und damit wettbewerbswidrig, weil sie geeignet war, bei einem durchschnittlich informierten und situationsangemessen aufmerksamen Verbraucher Fehlvorstellungen hervorzurufen.

Unter einem "Jahreswagen" wird üblicherweise ein gebrauchtes Fahrzeug verstanden, das von einem Werksangehörigen unter günstigen Bedingungen erworben und nach der vom Hersteller vorgesehenen Mindestfrist (von einem Jahr) weiterveräußert wird.

Wenn es aber für einen Kaufinteressenten auf die beworbene Eigenschaft des angebotenen Fahrzeugs ankommt, insbesondere auch von wesentlicher Bedeutung ist, dass es sich um einen Jahreswagen aus erster Hand handelt, dann will er auch die typischen Vorzüge eines relativ jungen Fahrzeugs aus erster Hand haben, d.h. eines Fahrzeug, das nur von einem einzigen Eigentümer genutzt und von diesem dabei typischerweise pfleglich behandelt worden ist. Ein solcher Kaufinteressent denkt bei der hier relevanten Werbung nicht ohne weiteres daran und geht nicht davon aus, ein Fahrzeug zu erwerben, das durch eine Vielzahl von Händen gegangen ist, auch wenn es sich dabei um eine Vielzahl von Mietern gehandelt hat, die das Fahrzeug lediglich für einen beschränkten Zeitraum genutzt haben. Bei Mietern von Fahrzeugen kommt hinzu, dass diese vielfach nicht sonderlich pfleglich mit dem alsbald zurückzugebenden Fahrzeug umgehen, meist auch keine Veranlassung für einen (besonders) sorgfältigen Umgang mit dem Mietfahrzeug sehen und kein Interesse daran haben. Die Nutzung eines Fahrzeugs durch eine Vielzahl von Mietern mit unterschiedlichem Temperament und Fahrverhalten, unterschiedlichen Fahrfähigkeiten und Sorgfaltseinstellungen kann und wird vielfach (negative) Auswirkungen auf die Abnutzung (die Verschleißteile des Fahrzeugs) und den Pflegezustand haben. Im Hinblick darauf wird vom Rechtsverkehr in einer ins Gewicht fallenden Nutzung eines Fahrzeuges als Mietfahrzeug eine negative Eigenschaft gesehen, die vom Regelfall und Durchschnitt abweicht, ggf. einen Mangel und einen aufklärungsbedürftigen Umstand darstellen kann, dessen Verschweigen zu einer arglistigen Täuschung führt.

Bewertung:

Dem OLG ist zuzustimmen. Nach hiesiger Ansicht hätte sich der Unterlassungsanspruch zudem aus § 5a UWG begründet, der auch die Irreführung durch Unterlassen als wettbewerbswidrig ansieht. So erscheint die gewerbliche Nutzung als Mietfahrzeug stets als ein aufklärungsbedürftiger Umstand, da die Mietwageneigenschaft deutlich von den Qualitätsvorstellungen des Rechtsverkehrs von einem Fahrzeug aus erster Hand und insbesondere von einem Jahreswagen abweicht. Unter Berücksichtigung des dargestellten Verkehrsverständnisses ist die Mietwagennutzung danach ein wesentlicher Umstand, der einen an einem Jahreswagen und einem Fahrzeug aus erster Hand interessierten Kaufinteressenten offensichtlich vom Kauf abhalten kann. Danach muss bei dem Angebot eines Jahreswagens auf die Tatsache eines gewerblichen Einsatzes des Fahrzeuges als Mietwagen jedenfalls nach § 5a Abs. 1 und 2 UWG als für den Kauf wesentlicher Umstand hingewiesen werden.

Dr. Robert Kazemi

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