19
Mai 2009

Schweizer Bundesgericht: Schutzfähigkeit einer Melodie als Marke

In einem Urteil vom 7. April 2009 hat die I. zivilrechtliche Abteilung des schweizerischen Bundesgerichtes über die Schutzfähigkeit einer Melodie als Marke unter Geltung des schweizerischen Markenrechtes (Markenschutzgesetz - MSchG) entschieden (Az. 4A_566/2008). Die Entscheidung ist in mehrfacher Hinsicht auch für den deutschen und europäischen Rechtsraum von Interesse.

Nach der Legaldefinition von Art. 1 Abs. 1 MSchG ist die Marke ein Zeichen, das geeignet ist, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von solchen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Definition gleicht insoweit der des deutschen Markengesetzes (§ 3 Abs. 1 MarkenG). Anders als in der Bundesrepublik erwähnt das schweizerische MSchG jedoch in der beispielhaften Aufzählung bekannter Markenformen die sog. „Hörmarke" (Melodie) nicht ausdrücklich. Hieran aber scheitert der Schutz von Hörmarken auch in der Schweiz nicht. Das Bundesgericht führt aus:

„ Zwar erwähnt Art. 1 Abs. 2 MSchG [...] nur visuell wahrnehmbare Zeichen. Dabei handelt es sich allerdings nicht um eine abschließende Aufzählung zulässiger Markenformen. Die Bestimmung schließt daher Zeichen, die als solche nicht mit dem Auge wahrnehmbar sind, sondern etwa nur über das Gehör, nicht vom Markenschutz aus."

Das Gericht beschäftigt sich im Folgenden mit der Frage, ob einer Melodie dann der Markenschutz versagt werden könne, wenn sie als akustisches Zeichen nicht auch sprachliche Elemente aufweise. Diese Ansicht war nämlich vom Schweizer Institut für geistiges Eigentum (IGE) [vergleichbar mit dem Deutschen Patent- und Markenamt] in seinen „Richtlinien in Markensachen" vertreten worden. Hiernach schloss der Umstand, dass Musik in der Werbung häufig eingesetzt wird, die Unterscheidungskraft einer kurzen Melodie ohne Wortelemente aus.

Diese Ansicht teilt das Bundesgericht nicht. Es führt aus, dass nicht von der Hand zu weisen sei, „dass nichtsprachliche akustische Signale immer häufiger zur Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen eingesetzt werden, sei es unmittelbar produktbezogen (wie etwa bei Computern bzw. Computerprogrammen und anderen Elektronikgeräten), sei es in der Radio-, Fernseh- und Internetwerbung". Deshalb sei davon auszugehen, „dass das Publikum wie bei verbalen Kennzeichen in der Regel auch bei Tonfolgen leicht zwischen bloßen musikalischen Untermalungen und als Signal verstandenen Hörzeichen zu unterscheiden vermag." Denn auch „ein kurzes, in sich geschlossenes musikalisches Thema kann vom Abnehmer durchaus auch beim erstmaligen Hören als betrieblicher Herkunftshinweis erkannt werden und ist damit grundsätzlich geeignet, Waren oder Dienstleistungen zu unterscheiden."

Das Gericht schränkt dies - für den Bereich Werbung - dahingehend ein, dass eine kennzeichenmäßige Markennutzung voraussetze, „dass das akustische Zeichen verkehrsüblich eingesetzt wird, typischerweise zu Beginn oder am Ende eines Werbespots", da „Hörmarken dem Präsentationsumfeld elektronischer Medien entsprechend verwendet werden" müsse, um in der Werbung ohne weitere Gedankenarbeit als kennzeichnender Hinweis wahrgenommen zu werden."

Weiterhin stellt das Gericht klar, dass eine akustische Marke ihre Unterscheidungs- und Herkunftsfunktion auch dann erfüllt, wenn sie von den angesprochenen Abnehmern nicht eindeutig wiedergegeben werden kann. Vielmehr genügt es, dass die angesprochenen Verbraucher diese wiedererkennen können. Dies ist bei einer Tonfolge umso eher der Fall, wenn es sich dabei um eine kurze, eingängige und gut einprägsame Melodie handelt.

Auch könne von einem akustischen Zeichen nicht wie bei einer Formmarke verlangt werden, dass es sich vom Gewohnten und Erwarteten abhebt. Vielmehr sei im Einzelfall zu beurteilen, ob das Zeichen im Zusammenhang mit den konkret beanspruchten Waren dem Gemeingut zuzuordnen ist.

Die Entscheidung ist lesenswert und lässt Rückschlüsse auch für das deutsche Markenrecht zu. Das Gericht beschäftigt sich (leider) in der Folge nicht mit der - auch in der Bundesrepublik streitigen - Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen auch Hörzeichen dem Markenschutz zugänglich sind, die nicht in einer Melodie bestehen und sich daher nicht in Notenschrift darstellen lassen (wie das etwa bei Geräuschen der Fall ist). Eine Klärung wäre erfreulich gewesen.

Dr. Robert Kazemi

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