30
Okt 2013

Winzer-Schorle muss nicht vom Winzer stammen

Wer über die wesentlichen Merkmale einer Ware, beispielsweise das Verfahren der Herstellung, die geographische oder betriebliche Herkunft, täuscht, handelt unlauter (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG). Wann eine solche Täuschung vorliegt ist, dies zeigt eine aktuelle Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz, eine Frage des Einzelfalls. Das Gericht hatte darüber zu befinden, ob eine Winzerschorle wirklich von einem Winzerbetrieb hergestellt werden muss. Das Gericht verneinte dies.

Das Land RLP hatte einem Einzelhandelsunternehmen untersagt, eine Weinschorle als „Winzerschorle" zu vertreiben. Diese war aus einem bei einer Weinkellerei zugekauftem Wein und dem Wasser des eigenen Mineralbrunnens hergestellt worden. Das Land RLP sah hierin eine Irreführung, weil die Angabe "Winzer" nach europarechtlichen Bestimmungen nur für Wein verwendet werden dürfe, der ausschließlich aus in diesem Betrieb erzeugten Trauben stamme und vollständig in diesem Betrieb hergestellt worden sei. Da dies bei der Weinschorle hier nicht zutreffe, sei die Bezeichnung "Winzerschorle" für den Verbraucher irreführend.

Das OVG teilt diese Ansicht nicht.

„Die Bezeichnung "Winzerschorle" wecke bei einem verständigen Verbraucher nicht die Vorstellung, dass es sich um eine vom Winzer hergestellte Weinschorle handele. Zwar sei die Angabe "Winzer" bei Wein nach europarechtlichen Bestimmungen Eigenerzeugnissen vorbehalten. Weinhaltige Getränke wie Weinschorlen seien von dieser Regelung aber nicht erfasst. Auch der durchschnittliche Verbraucher nehme nicht an, dass diese Regelung für Weinschorlen gelte. Er verstehe unter "Winzer" einen Hersteller von Wein, nicht aber einen Hersteller von Weinschorle. Nach Vorstellung des Verbrauchers gehöre das Herstellen und Abfüllen von Weinschorle in Flaschen nicht zum Tätigkeitsbereich eines Winzers. Daher verbinde er mit dem Begriff "Winzerschorle" auch nicht deren Herstellung durch einen bestimmten Winzer, sondern nehme ihn als allgemeine Produktbezeichnung wahr, wie etwa diejenige des "Bauernbrotes". Insofern unterscheide sich der Begriff "Winzerschorle" auch von der Angabe "Winzersekt", bei der eine gesetzliche Regelung und eine hierauf beruhende Verbrauchervorstellung bestünden, dass es sich um ein Eigenerzeugnis des Winzers handele. Im Übrigen könne im vorliegenden Fall die Bezeichnung "Winzerschorle" auch deshalb nicht mit der Tätigkeit eines bestimmten Winzers in Verbindung gebracht werden, weil das Flaschenetikett keinen bestimmten Winzer, sondern die beigeladene Weinkellerei als Hersteller nenne." (Pressemitteilung des OVG RLP vom 27.09.2013 zum Urteil des OVG RLP vom 11. September 2013, Aktenzeichen: 8 A 10219/13.OVG)

Bewertung:

Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass die Frage der Irreführung nicht immer einfach zu entscheiden ist. Entscheidend ist jedoch stets das Verständnis der von der Werbung angesprochenen Verkehrskreise. Dieses ist - soweit die Richter selbst hierzu zählen - durch das Gericht zu bestimmen und festzulegen.

Dr. Robert Kazemi

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